Glas

[438] Glas, jene durchsichtige, aus Kieselerde und Kali oder auch Natron und anderen Stoffen geschmolzene spröde Masse, deren[438] Erfindung den Phöniciern zugeschrieben wird. Schon die Aegypter bliesen, drehten und schnitten es, allein noch war es so selten, daß zu Cicero's Zeit die Römer das Glas kaum kannten. Indessen gehörten Glaskrystallkugeln zu der Toilette einer vornehmen Römerin. Sie waren sehr theuer und wurden von alexandrinischen Kaufleuten aus Aegypten eingeführt. Die Frauen bedienten sich ihrer als Abkühlungsmittel, indem sie dieselben, wenn sie ausgingen, auf eine zierliche Weise in den Händen trugen, um selbige immer kühl zu erhalten. Die Glasfenster kamen erst im 3. Jahrhundert in Gebrauch und wurden in England seit 1180, in Frankreich erst im 14. Jahrhundert allgemein. Mit bunten Fenstern und Glasmalereien schmückte man die Kirchen schon seit dem 6. Jahrhundert. Glashütten bestanden im 13. Jahrhundert in Venedig und Tafel- oder Spiegelglas wurde in England zuerst seit 1673 bereitet. Jetzt verfertigt man Glas von vorzüglicher Güte in allen Ländern Europa's, wiewohl Deutschland, England und Frankreich den Vorzug behalten. Man bestimmt die Güte des Glases nach der hellglänzenden, farblosen Reinheit und unterscheidet, das gemeine grüne oder schwarze Glas, das sogenannte Kreide- oder weiße Glas, das Krystall- oder Spiegelglas. Das Blasen des Glases geschieht durch eiserne Röhren, welche man in die geschmolzene Masse taucht, und indem man sie in dieser Weise auffaßt, in beliebige Formen modelt. Beinglas verfertigt man durch Zusammenschmelzen des Glases mit Knochen, und durch Zusatz von Blei- oder Zinnoxyd gewinnt man das schone Email. Flintglas (s. d.) ist das feinste unter den Glasarten, und wird nur durch das Fraunhofer'sche übertroffen. Feenhaft ist die Pracht in den Glaswaarenniederlagen von Wien, Berlin, Paris und London. In Böhmen zählt man 66 Glashütten. Eine der größten von Deutschland war ehemals die königl. sächs. Spiegel- und Glasfabrik Friedrichsthal bei Senftenberg. Es wurden dort Spiegel von 72 Zoll Höhe gegossen. Sie ist aber durch die Glasfabriken in Berlin, Neustadt an der[439] Dosse und Fahrafeld in Niederöstreich übertroffen, welche Spiegel von 8–120 Zoll Höhe und verhältnißmäßiger Breite, aus einem Stücke gegossen, liefern, die auch den längst berühmten venetianischen vorgezogen werden.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 438-440.
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