Holzarbeiten

[326] Holzarbeiten machen in Deutschland einen wichtigen Handelsgegenstand aus, und man begreift darunter im umfassendsten Sinne alle Tischler-, Wagner-, Instrumenten-, Schnitz- und Drechslerarbeiten, so wie Körbe, Schachteln, Schaufeln und andere wirthschaftliche Artikel Seitdem die englische Politur bekannt ist, können sich die deutschen Tischlerwaaren, namentlich die von Wien, Berlin, Leipzig, Hamburg u. s. w., mit denen des Auslandes messen. Die deutschen Kutschen und Wagen sind selbst in England berühmt und auch die Verfertigung musikalischer Instrumente hat an vielen deutschen Orten einen Grad von Vollkommenheit erlangt, den man ehedem nur den italienischen Fabrikaten zugestand. Gute Fortepiano's und Flügel liefern Straubingen, Nürnberg, Augsburg, Würzburg, Leipzig etc., die besten aber Wien, wo sie zu dem Preise von 100–300 Dukaten gefertigt werden. Nürnberg liefert vorzüglich Blasinstrumente. In einigen Gegenden Tyrols macht hingegen das Bauen der Geigen ein beträchtliches Gewerbe, so wie die Instrumente des sächsischen Vogtlandes berühmt sind. Bekannt sind die Drechslerarbeiten von Nürnberg und die Pfeifenköpfe von Ulm. Die gemeinen Holzarbeiten, wie Körbe, Schaufeln, Eimer u. s. f., finden in den Gebirgs- und Waldgegenden fleißige Hände; einen eigenen Zweig aber bilden die Kinderspielsachen, worin Nürnberg noch immer seinen alten, wohlerworbenen Ruf bewahrt hat, obgleich ihm in der Nähe und Ferne mit Glück nachgeeifert wurde. In Baiern selbst bringen Fürth, Augsburg, Berchtesgaden und Oberammergau bedeutende Massen von dergleichen in den Handel Außerdem werden diese beliebten Kleinigkeiten auch noch zu Ulm und Geislingen, in der Stadt Sonnenberg[326] zu Johanngeorgenstadt, Seiffen, Einsiedel und andern Orten des sächsischen Erzgebirges, im Fürstenthume Jauer, im Schwarzwalde und in Tyrol verfertigt Ganz vorzüglich geschickt sind die Tyroler und Schwarzwälder im Schnitzen von Thieren, die, ohne mit Farben bemalt zu werden, doch durch die große Wahrheit ihrer der Natur abgelauschten Formen oftmals als kleine plastische Kunstwerke betrachtet werden können. Neben diesen Spielereien gibt es in allen den genannten Städten nebenbei auch eine bedeutende Auswahl von wirthschaftlichen und der häuslichen Bequemlichkeit bestimmten Dingen aus Holz, insbesondere machen die hölzernen Uhren des Schwarzwaldes einen nicht geringen Handelsartikel aus. Das Ausgezeichnetste aller seinen Holzarbeiten bleiben wohl immer die allerliebsten Tändeleien, die in Gebirgen aus dem sogenannten Kienholz und Buchsbaum gemacht werden. An sie schließen sich die zartern Geräthschaften für die Toilette u. s. w, welche man in Badeorten und ganz besonders in Spaa sieht. Sie bilden den Uebergang zu den hundert reizenden Dingen von Buchsbaum-, Citronen-, Ceder-, Eben-, Atlas- und Palissandernholz, die man nur in Frankreich und England ganz vollkommen herzustellen vermag.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 326-327.
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