Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst

[109] Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst, geb. in Breslau am 25. November 1768, genoß seine wissenschaftliche Ausbildung zu Niesky, Barby und Halle. Wie frische Reben umschlangen ihn die Zweige einer gründlichen und vielseitigen Gelehrsamkeit, aber von allen Wissenschaften, die er in sich aufnahm, hatte er der Philosophie und Theologie die Blüthe seiner Kraft gewidmet. Im Jahre 1794 erhielt er sein erstes Predigtamt. Die Ernennung zum Universitätsprediger und außerordentlichen Professor in Halle versetzte ihn in den ihm angemessenen Wirkungskreis. Hier, wie in Berlin, wohin er 1809 berufen wurde, glänzte er durch seine akademischen Vorträge und seine Kanzelberedsamkeit. Außer einer ordentlichen Professur an der dasigen neu errichteten Hochschule war ihm auch die erste Predigerstelle an der Dreifaltigkeitskirche übertragen worden. Ausgezeichnetes leistete er in seinem hohen Berufe. Das[109] Schöne, das Wahre, das Gute war der Inhalt seiner Belehrung. Die Freiheit des Systems im Denken über Gott und göttliche Dinge verband er mit einem innigen und festen Glauben. Den Namen der zartesten Humanität ehrte er in allen Verhältnissen des Lebens Dabei redete er eben so kräftig als unerschrocken, eben so überzeugt als widerlegend den Mahnungen der Zeit das Wort. Wenige waren wie er in seinem Wissenschaftssache so genial und heimisch. Durch alle seine Werke, die freilich nur höher Gebildete verstehen, geht ein leichter und scharfer Geist, der geschickt das Einzelne zergliedert und mit Gewandtheit das Getrennte zusammenlegt. Seine Predigten, seine Reden über Religion, seine Monologen und seine meisterhafte Uebersetzung des Plato sichern ihm in der gelehrten Welt ein dauerndes Andenken. – S's großes Verdienst um das Vaterland und die Wissenschaft fand die vollste Anerkennung. Seine Stimme galt im Staatsrathe und seine Berühmtheit erhöhete den Ruhm mehrerer gelehrten Gesellschaften, deren Mitglied er war. In hohem Grade genoß er die Achtung seiner Mitbürger und das Vertrauen seines Königs. Das Jahr 1834 hob diesen ausgezeichneten Gelehrten in das Reich der Verklärung, aber über seinem Grabe noch leuchten die Funken des göttlichen Geistes, der den Körper bewohnte.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 109-110.
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