Chor [2]

[104] Chor (Tanzplatz, Reigen), der tragische, ursprünglich aus Sängern und Tänzern bestehend, deren Schaar Feierlichkeiten erhöhte, Wiege und später wesentlicher Bestandtheil des griech. Schauspieles. Bei de vornehmsten Dichtern erscheint er als Zeuge aller Handlungen und als Theilnehmer, indem er sich zuweilen redend in die Handlungen selbst einmischt, den Verlauf und Ausgang derselben bedenkt und in Liedern gleichsam das sittliche Bewußtsein der Zuschauer ausspricht. Indem er von Zeit zu Zeit auseinander und sich gegenüber tritt, entstehen Strophen, Antistrophen, Epoden u.s.f., bis der C.führer, Koryphaios, Choragos ihn wieder einiget. Ursprünglich bestand der C. aus 50 u. mehr Personen, wurde jedoch sehr vermindert, denn die Stellung des C.s, die C.egie, war in Athen eine bürgerliche Ehrenlast (eine Leiturgie), welche mit der Zeit für die Betroffenen eine drückende Abgabe und ihnen durch das Loos zugetheilt wurde. Schillers Versuch, den C. der Alten zu restauriren, gilt als verunglückt, weil derselbe bei unseren ausgebildeten Zuständen mit seinen Betrachtungen nur langweilen könne; nicht minder wird hinsichtlich der Aufführung antiker Stücke, z.B. Antigone in Berlin, die musikalische Behandlungsweise der Chöre getadelt. – Im neuen musikalischen Drama, Oper u. dergl., ist C. ein mehrstimmiger Gesang, der die Gefühle einer Volksmenge etc. ausdrücken soll; C. bezeichnet auch eine Anzahl von Sängern oder Instrumentalisten, welche ein Tonstück gemeinschaftlich vortragen; bei den gemischten Orgelstimmen die zu einer Taste gehörenden Pfeifen, beim Klavier die gleichmäßig gestimmten Saiten, die einen Ton bilden.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 104.
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