Nassau [1]

[297] Nassau, Herzogthum im westlichen Deutschland, zwischen Preußen, Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Hessen-Homburg, Frankfurt a. M., mit einer Enclave zwischen Kurhessen u. Hessen-Darmstadt, 841/2 QM. groß, von dem rauhen Westerwalde und dem Taunus durchzogen, von der Lahn durchflossen, vom Rhein u. Main auf eine ziemliche Strecke begränzt. N. hat viele Wälder, Viehzucht, hinlänglich Getreide, baut Obst und im Rheingau die besten Rheinweine; der Bergbau liefert Eisen, Kupfer, Blei, Silber und Steinkohlen, einen Hauptreichthum des Landes bilden die Mineralquellen zu: Ems, Fachingen, Geilnau, Langenschwalbach, Niederselters, Schlangenbad, Selters, Weilbach und Wiesbaden. Die Zahl der Einw. betrug 1853 etwas über 429000, der größeren Hälfte nach Protestanten; die Katholiken haben ihren Bischof zu Limburg. Die Verfassung ist die constitutionell-monarchische mit 2 Kammern. Nach dem Budget von 1854 betrugen die Ausgaben 3989203 Gulden, beträchtlich mehr als die regelmäßigen Einnahmen; 1850 betrug die capitalisirte Staatsschuld 10200000 Gulden, das umlaufende Papiergeld 525000 Gulden; das Bundescontingent ist 7317 Mann stark mit 12 Geschützen. Am Bundestag nimmt N. mit Braunschweig im engern Ausschusse die 13. Stelle ein, im Plenum hat es 2 Stimmen. Herzog ist seit 1839 Adolf. geb. 1817. – Das regierende Hans stammt von den Dynasten von Lurenburg, deren erster 1093 urkundlich [297] genannt wird, die sich seit der Mitte des 12. Jahrh. von dem Schlosse ob dem Dorfe N. Grafen von N. nannten; 1255 entstand die Walramʼsche Linie, welcher das herzogliche Haus, und die Ottonische, welcher das königl. niederländ. Haus angehört. 1605 wurden alle nassau. Besitzungen wieder vereinigt, schon 1629 fand abermals eine Theilung statt: N.-Saarbrück, das wieder in N.-Ottweiler, N.-Saarbrück u. N.-Usingen zerfiel. 1816 erloschen; N.-Idstein, ausgestorben 1721; N.-Weilburg. Für die an die franz. Republik verlorenen überrheinischen Besitzungen erhielt N. 52 QM. Entschädigungen auf dem rechten Rheinufer, der Rheinbund brachte die Souveränität, den Herzogstitel und 31 QM., 1815 u. 1816 wurde das Land durch Tauschverträge arrondirt, fast alle deutschen Besitzungen der Ottonischen Linie erworben und das Erbrecht auf Luxemburg, das aber gegen 750000 Gulden wieder abgegeben wurde (vgl. Oranien). Unter Herzog Wilhelm (1816 bis 1839) dauerte von 1818–32 zwischen Regierung und Ständen ein bitterer Streit über die Frage, ob die Domänen der Dynastie oder dem Staate gehören; 1848 brachte für N. sehr gefährliche Bewegungen u. eine neue Verfassung, die aber 1851 umoctroyirt wurde, doch blieben die Domänen seit 1848 Staatseigenthum.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 297-298.
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