Aufbäumstuhl

[345] Aufbäumstuhl (Aufrollstuhl), ein einfacher, aber für die Appretur, Druckerei und Färberei unentbehrlicher und wichtiger Apparat, mit dem die Stückware auf Holzwalzen aufgerollt oder aufgebäumt wird, um sie vor Staub und Schmutz zu bewahren, um sie leichter durch die Fabrik transportieren zu können, um an Raum auf den einzelnen Lagerplätzen der Fabrik zu sparen, namentlich aber auch, um die langen Stücke mit der nötigen Spannung und ohne Falten breit in die schnellgehenden Arbeitsmaschinen einlaufen zu lassen.

In seiner einfachsten Form begegnet man diesem Apparat in den Manglokalen der Appreturanstalten, wo man zwischen zwei starken, senkrechten Holzpfosten eine Ahornwalze wagerecht festgelagert sieht, die entweder mit einer Handkurbel oder besser durch Riemenbetrieb mit mäßiger Geschwindigkeit um ihre horizontale Achse gedreht werden kann. Auf diese Walze wird eine zweite massive Ahornwalze gelegt, so daß ihre beiden Seitenzapfen je in eine senkrecht laufende Nute in den beiden Holzpfosten über den beiden Lagern der unteren Antriebswalze eingreifen. Dreht sich letztere, so nimmt sie die obere Walze mit, und zwar samt dem Stück, das vom Mangarbeiter zwischen beiden Walzen breit durchgezogen wird. Ist das ganze Stück faltenfrei auf die obere Walze aufgelaufen und so, daß die Leiden der Ware genau aufeinander liegen, so wird die »Docke« herausgenommen und in die Kastenmange gegeben, während eine neue, leere Walze in den Aufdockstuhl eingelegt wird, um ein weiteres Stück Ware durch Aufrollen für die Mange vorzubereiten. Aus dieser Vorrichtung hat sich der schnellgehende Aufbäumstuhl der Druckereien und Färbereien entwickelt. Vor die beiden senkrechten Pfosten wurde ein Holzgerüst angebaut und mit glatten oder (für das Ausbreiten der Stücke sowie für das Entfernen der Falten) strahlenförmig gerippten, horizontalen Querschienen versehen. Abwechslungsweise über und unter ihnen hindurch gelangt die in horizontaler Richtung durch die Maschine laufende Ware zu der Antriebswalze, die mit der Zeit zu einer hohlen Holztrommel erweitert und mit Tuch überzogen worden ist, damit das Stück nicht auf ihr gleitet. Die Trommel wird von einem Riemen getrieben und treibt selbst wieder die auf ihr liegende Aufrollwalze, die jetzt aus weichem Holz hergestellt und zur Aufnahme einer viereckigen eisernen Spindel ihrer Länge nach durchbohrt ist. Auf dieser Spindel wird die Aufrollwalze entweder durch Keile oder durch Klammern befestigt; die beiden hervorragenden Enden der Spindel aber sind vollkommen rund gedreht, um in offene, senkrecht verschiebbare, seitliche Lager eingelegt zu werden. Schließlich hat man das ganze Gerüst aus Eisen gebaut und bei der Konstruktion mehr und mehr auf einen ruhigen, stoßfreien Gang der Maschine Bedacht genommen. Auch Rundbürsten und einen Schlagapparat hat man angebracht, um Staub und Sand aus der Ware herauszuklopfen, damit nicht etwa Druckfarbe und Druckwalze durch sie verdorben werden können. Zu diesem Zweck ist an den beiden Längsseiten des Maschinengestells je eine horizontale Eisenstange befestigt, die von der Antriebscheibe der Trommel betätigt, alternierend bald im einen, bald im entgegengesetzten Sinne eine teilweise Drehung um ihre Achse ausführt. Auf jeder der beiden Eisenstangen sitzen, senkrecht zu ihrer Achse und gabelförmig verteilt, eine Anzahl Holzstäbe, die über die ganze Breite des Stuhles hinüberreichen und, entsprechend der alternierenden Drehung der Eisenstangen, auf die durch die Maschine laufenden Stücke mit Wucht niederfallen, um sofort wieder in die Höhe zu schnellen, wieder niederzufallen u.s.w. – In der Druckerei oder Färberei macht man Docken oder Ballen von 5–10 Stück à 55 m, die möglichst fest aufgerollt und rechts und links wie mit dem Messer abgeschnitten aussehen sollen.


Literatur: Grothe, H., Die Appretur der Gewebe, Berlin 1882.

(Kielmeyer) R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 345.
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