Niete

[612] Niete dienen zur Verbindung von übereinander greifenden Blechen oder flachen Stäben. Die Verbindung (s. Nieten, S. 615, und Nietverbindungen) in nicht lösbar wie eine Verschraubung, sondern erfordert, wenn sie ausnahmsweise, z.B. bei Ausbesserungen, gelöst werden soll, eine Zerstörung der Niete.

Das Niet reicht mit seinem zylindrischen Schaft durch zwei oder mehrere gleichmäßig durchlochte Platten und hält sie durch die an seinen beiden Enden angeschmiedeten Köpfe zusammen (Fig. 14). Der eine Kopf, der Setzkopf, ist vor dem Einsetzen des Nietes schon vorhanden; der andre, der Schließkopf, wird aus dem überstehenden Schaftende, wie es in Fig. 14 punktiert angegeben ist, durch Hämmern hergestellt Nur bei der Stiftennietmaschine werden beide Köpfe auf den Blechen gebildet. Die Nietlöcher sind passend aufgerieben und an den Außenflächen so versenkt, daß sich der Schaft mit kegelförmigen Uebergängen von 333/4° oder 2 : 3 nach [4] oder 40° Neigung der Flanke gegen die Achse an die breiten Flächen der Köpfe ansetzt. Das unterstützt die Festigkeit der Niete wesentlich, weil bei scharfen Uebergängen die Köpfe leicht abspringen.

Zur Herstellung eines Nietbolzens (Bd. 2, S. 230, Fig. 5) schneidet man zunächst das Rundeisen in Stücke, wobei die Schere allerdings etwas schräge Endflächen erzeugt. Jedes Stück wird, nachdem es an einem Ende erhitzt ist, in eine Hülfe gefleckt, so daß es, auf deren Boden aufstehend, mit dem glühenden Ende oben übersteht. Dieses Ende wird durch einen nach der Form des Setzkopfes ausgehöhlten Preßklotz von oben her mit einem Druck in die Kopfform gebracht. Zum Antrieb des Preßklotzes dient eine Schraube mit Schwungrad und Reibungsantrieb oder eine Kniehebelübersetzung derart, daß die Kraft bis zum Ende der Pressung zunimmt. Der Schaft staucht sich, soweit es die Hülfe zuläßt, am warmen Ende. Er ist daher konisch, und zwar am Setzkopf um etwa 1/2 mm, an der Spitze um 1 mm im Durchmesser kleiner als das Loch, für das er bestimmt ist. Die Maße der Nietstärke gelten für die Lochweite als der endgültigen Schaftstärke. Kleinere Niete werden kalt mit je einem Schlage geformt.

Man benutzt noch oft Niete von 7, 10, 13, 16, 20, 23, 26 mm Stärke (im Anschluß an das frühere Zollmaß) oder die geradzahligen Durchmessermaße, nach [4] von 10–30 mm. In den Werkzeichnungen gibt man den Nietquerschnitt zweckmäßig mit verschiedenen Farben an, z.B. Rot für 20 mm. Stärkere als 26 mm-Niete lassen sich nicht mehr von Hand nieten. Niete unter 10 mm kann man kalt einziehen.[612]

Die Kopfform ist in der Regel ein Kugelabschnitt (Fig. 1), dessen Radius gleich dem Schaftdurchmesser d (d.h. der Lochweite) ist und der 1/2 d über die Sitzfläche vorragt. Für Eisenkonstruktionen [4] genügt eine kleinere Druckfläche am Kopf, nämlich ein Korbbogen als Kopfprofil (Fig. 2), der im mittleren Teile, über dem Schaftquerschnitt mit dem Radius d, an dem Rande aber mit dem Radius 1/2 d gebildet und 0,509 d hoch ist. Man darf dabei nicht übersehen, daß sich die Korbbogenform nur durch einmalige Pressung, aber nicht mit Benutzung des Schellhammers herstellen läßt, da der Schellhammer seine Stellung auf dem Nietkopf ändern muß, um den Rand streckenweise ringsherum unter einzelnen Schlägen scharf auszubilden, und daher mit seiner Höhlung nur eine gleichmäßig gewölbte Kugelform erzeugen kann. Die Köpfe mit trapezförmigem Profil (Fig. 3b) kommen als Setzkopfe im Innern der Feuerbüchsen zur Anwendung; sie schützen die Kante länger vor dem Abbrennen. – Das Dreieckprofil (Fig. 3a) läßt sich nur – und am besten von allen Formen – freihändig schmieden, bietet aber sonst keinen Vorzug. Mit ganz flachem Kegel schlägt man auch die halbversenkten Köpfe ein. Die versenkten Köpfe (Fig. 4) lassen sich nur bei genügender Blechdicke anwenden und werden auf die Fälle beschränkt, wo für den Nietkopf nicht Platz ist oder wo er hinderlich wäre, wie an der Außenhaut der Schiffe. Das überstehende Ende von 1,4 d in Fig. 1 hat bei 0,95 d Stärke gerade d = Volumen; davon verbraucht der Kopf 2/3 d3, der Schaft beim Stauchen 1/6 d3, und 1/6 d3 bleibt für Abbrand und Abgratung. Für den versenkten Kopf (Fig. 4) genügt 0,9 d für die kleineren Abmessungen nach [4], während die größeren Maße 1,3 d brauchen. Das Gewicht von 1000 einzelnen Nietköpfen für d cm Nietstärke beträgt bei Fig. 1 5 d3 kg, Fig. 2 4,5 d3 Fig. 3a 5,5 d3 kg, Fig. 3b 6 d3 kg, Fig. 4 3,7–5,7 d3 kg.

Das Material der Niete ist vorzügliches, zähes Flußeisen, auch noch Schweißeisen. Es gelten dafür folgende Bestimmungen: Flußeisen soll nach [1] und [2] 36–42 kg/qmm Zugfestigkeit bei mindestens 22% Dehnung haben und eine bestimmte Härtungsbiege- und Stauchprobe bestehen; nach [3] 30–40 kg/qmm und 25%, zusammen mindestens 62, und andre Biege-, Härtungsbiege- und Stauchproben bestehen; nach [5] 37–44 kg/qmm bezw. 20%. Schweißeisen soll nach [1] in Stärken bis 25 mm mindestens 38 kg/qmm Zugfestigkeit und 18% Dehnung aufweisen; über 25–40 mm Stärke 36 kg/qmm bezw. 15%; nach [3] für alle Stärken 38 kg/qmm bezw. 20%, zusammen mindestens 58 und hierneben bestimmte Biege- und Stauchproben aushalten.

Kupferniete sind für die Befestigung [6] des Fabrikschildes an Dampfkesseln vorgeschrieben. Auch die Stehbolzen der Feuerkisten in Lokomotiven bestehen aus Kupfer oder Phosphorkupfer oder aus Mangankupfer in den oberen Reihen bis etwa zur Mitte der Höhe.

Die Preise [7] gelten für 1000 Stück, wobei jedoch nicht durch Zählen, sondern durch Abwägen gemessen wird, und betragen 60–50 ℳ./dz., für kleine Niete bis 100 ℳ./dz.


Literatur: [1] Vorschriften für die Lieferung von Eisen und Stahl, aufgestellt vom Ver. deutsch. Eisenhüttenleute, Düsseldorf, Bagel 1901, S. 22–23 u. 36; »Hütte« 1905, S. 508 u. 513. – [2] Normalbedingungen für die Lieferung von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochbau, 1893, aufgestellt vom Verbände deutsch. Arch.- u. Ing.-Ver. und Ver. deutsch. Ing. und vom Ver. deutsch. Eisenhüttenleute, Hamburg 1900; »Hütte« 1905, S. 508. – [3] Grundsätze für die Prüfung der Materialien zum Bau von Dampfkesseln, vom Internation. Verbände der Dampfkesselüberwachungsvereine 1895, abgeänderte Würzburger Normen, Hamburg; »Hütte« 1905, S. 520. – [4] Deutsches Normalprofilbuch, Aachen 1904, S. 25; s.a. Normalprofile. – [5] Die besonderen Vertragsbedingungen s.d. Anfertigung, Lieferung und Aufstellung von großen zusammengesetzten Eisenkonstruktionen vom 25. November 1891, aufgestellt vom preuß. Ministerium der öffentl. Arbeiten, Berlin. – [6] Allgem. polizeiliche Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln, § 10; »Hütte« 1905, S. 937; vgl. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ingen. 1891, S. 946. – [7] Joly, Techn. Auskunftsbuch, Leipzig 1908.

Lindner.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3a., Fig. 3b., Fig. 4.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3a., Fig. 3b., Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 612-613.
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612 | 613
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