Abráxas

[49] Abráxas, ein mystisch-theosoph. Wort, das nach Bellermann ägyptischen, nach Grotefend pehlewischen Ursprungs ist. Nach Irenäus nannte der christliche Gnostiker Basilides (um 130) den Inbegriff der 365 Tagesschöpfungen (Himmel- oder Geisterreiche), d.h. den sich offenbarenden Gott im Gegensatze zu dem Gott an sich, A. oder Abrasax, indem dieser Name nach griechischer Zählung die Zahl 365 ausdrücken sollte (A = 1, b = 2, r = 100, a = 1, s = 200, a = 1, x = 60, zusammen 365).

Abraxasgemme.
Abraxasgemme.

Daher finden viele Paläographen in A. nichts andres als eine bloße Zahlenspielerei. Das Wort ging mit seiner geheimnisvollen Bedeutung von den Basilidianern zu den Priscillianisten und allen magischen und alchimistischen Sektierern über. Abraxasgemmen (Abraxassteine), zahlreich vorkommende geschnittene Steine, auf denen neben natürlichen Bildern, meist Zusammensetzungen aus menschlichem Rumpf und Armen, Hahnenkopf und Schlangenfüßen, oder andern vieldeutigen Symbolen das Wort A. oder Abrasax und andre unverständliche Worte in griechischer Schrift vorkommen; in weiterm Sinn aber auch alle antiken Steine mit rätselhaften Symbolen. Bellermann schließt den Begriff der eigentlichen Abraxasgemmen (basilidianische) in sehr enge Grenzen und unterscheidet Abraxoiden (mit abweichendem Typus) und Abraxaster (heidnischen Inhalts). Die eigentlichen Abraxasgemmen (s. obenstehende Abbildung und Tafel »Gemmen u. Kameen«, Fig. 8) mit menschlichen Armen, Hahnenkopf und Schlangenfüßen, in der rechten Hand eine Peitsche, in der linken einen Kreis oder Kranz mit darin befindlichem Doppelkreuz, scheinen den Basilidianern anzugehören, andre andern gnostischen Sekten; manche stammen auch aus dem Heidentum und zeugen für den Zusammenhang der Abraxasgemmen mit alexandrinischer Theurgie, die meisten aber wurden erst im Mittelalter als Amulette gefertigt. Vgl. Matter, Histoire critique du gnosticisme (2. Aufl., Par. 1843–44, 3 Bde.); Dieterich, Abraxas, Studien (Leipz. 1891); Bellermann, Versuch über die Gemmen der Alten mit dem Abraxasbild (Berl. 1817–19, 3 Stücke); Barzilai, Gli Abraxas (Triest 1873).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 49.
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