Glied

[31] Glied (Articulus), beweglicher Teil eines Ganzen, z. B. einer Kette. In der Zoologie Ring (Segment) am Leib eines gegliederten Tieres, aber auch Gliedmaße (Arm, Bein) im Gegensatz zu Kopf und Rumpf, endlich auch beweglicher Abschnitt einer Gliedmaße[31] (z. B. Fingerglieder), falls diese gegliedert ist. S. auch Gliedmaßen. Männliches G., s. Rute. – G. in der Botanik das Mittelstück zwischen zwei Gelenken einer Pflanze. – In der Mathematik allgemeiner Ausdruck für eine Größe, die zwar für sich abgeschlossen ist, aber in Verbindung mit andern betrachtet wird, z. B. G. einer Reihe, einer Gleichung. – In der Logik ein einzelner Teil oder Satz (Vorder-, Mittel-, Hinterglied) eines Syllogismus. – Militärisch ist G. eine Reihe nebeneinander stehender Soldaten, geschlossen, wenn letztere mit Fühlung, geöffnet, wenn sie mit Zwischenraum stehen, wie z. B. bei Fechtübungen etc.; Gliederabstand ist der freie Raum zwischen den hintereinander stehenden Gliedern, in Deutschland bei Fußtruppen 64 cm von der Brust des Hintermannes zum Rücken des Vordermannes, bei Reitern ein Schritt; die Infanterie sämtlicher Militärstaaten hat seit 1870 die zweigliederige Grundausstellung angenommen. Gliederfeuer, gliedweises Feuer. Über Salve zu vier Gliedern s. Salve. – In der Baukunst heißen Glieder die Elemente, aus denen sich die Strukturteile, insbes. die Gesimse eines baulichen Gebildes zusammensetzen. Rein äußerlich unterscheidet man gerade (Platten, Schrägen) und geschwungene Glieder (Wulste, Rundstäbe, Hohlkehlen, Karniese oder Blattwellen), auf deren rhythmischem Wechsel die Schönheit des Gesimses etc. beruht. Im Sinne der durch K. Bötticher für die hellenische Baukunst entwickelten Tektonik zerfallen die Glieder je nach ihrer ästhetisch-statischen Funktion in deckende, schwebende, verbreiternde, mehr oder weniger neutrale Hauptglieder, in stützende (Blattwellen, Kymatien), verbindende (Rundstäbe, Wulste, Riemchen), trennende (Kehlen, Plättchen) und freiendigende, krönende (Sima, Lysis) Glieder. Zusammenfassend bezeichnet man die letztern vier Arten je nach ihrem Platz auch als Unter-, bez. Oberglieder. Vgl. Gesims und Tektonik.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 31-32.
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