Guyon [1]

[556] Guyon (spr. gijóng), 1) Jeanne Marie Bouvier de la Motte-G., mystische Schwärmerin, geb. 13. April 1648 in Montargis (Orléans), gest. 9. Juni 1717 in Blois, schon als Kind asketischer Schwärmerei ergeben, heiratete, 16 Jahre alt, einen Herrn de la Motte-G. Nach dessen frühzeitigem Tode suchte sie unter Leitung ihres Seelenführers, des Paters Lacombe, in Paris, Genf und Südfrankreich den Quietismus (s. d.) zu verbreiten, erlitt aber heftige Anfeindung und wurde 1688 in ein Pariser Kloster gebracht. Wieder freigelassen, trat sie mit Fénelon (s. d.) in nahen Verkehr, wurde darauf von Bossuet (s. d.) verderblicher Irrlehren geziehen und 1695–96 und 1698 bis 1703 zuerst in Vincennes, dann in der Bastille eingekerkert. Ihre Schriften erschienen Amsterdam 1713–22, ihre Autobiographie Köln 1720. Vgl. Heppe, Geschichte der quietistischen Mystik in der katholischen Kirche (Berl. 1875); Guerrier, Madame G. (Orléans 1881).

2) Felix, Mediziner, geb. 21. Juli 1831 in St.-Denis auf der Insel Bourbon, studierte in Nantes und Paris, wurde 1862 chirurgien des hopitaux in Paris, 1863 Agrégé und 1877 Professor der chirurgischen Pathologie. Seit 1890 vertritt er an der Pariser Fakultät die für ihn geschaffene Professur der Klinik der Harnwerkzeuge. Er veröffentlichte: »Leçons cliniques sur les maladies des voies urinaires« (1881, 4. Aufl. 1903, 3 Bde.; deutsch von Kraus und Zuckerkandl, Wien 1897–99, 3 Bde.); »Atlas des maladies des voies urinaires« (mit Bazy, 1886); »Leçons cliniques sur les affections chirurgicale de la vessie et de la prostate« (1888, deutsch von Mendelssohn, Berl. 1893); »Leçons sur les cystites et sur les prostatiques«; »Diagnostic des affections chirurgicales des reins, séméiologie, exploration« (1891). Seine in Zeitschriften veröffentlichten Aufsätze über die Technik der Lithotripsie erschienen in Buchform zuerst in deutscher Übersetzung von G. Berg (Wiesb. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 556.
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