Magelōne

[62] Magelōne (Maguelonne), die Heldin eines alten, fast in alle europäischen Literaturen übergegangenen Ritterromans, war die Tochter eines Königs von Neapel und wurde von ihrem Geliebten, Peter von Provence, entführt. Während sie in einem Wald entschlummert liegt, raubt ein Rabe das rote Seidentüchlein mit den drei von Peter ihr geschenkten Ringen und fliegt übers Meer davon. Peter, ihm nacheilend, wirft sich in einen Kahn, wird aber durch einen Sturm verschlagen und fällt Seeräubern in die Hände. M. sucht nach ihrem Erwachen lange den Geliebten und erbaut endlich auf einer Insel an der Küste der Provence ein Kirchlein und ein Hospital, das bald berühmt wird. Peter, aus der Sklaverei endlich zurückkehrend, landet krank auf jener Insel, findet Pflege im Hospiz, erkennt hier die Geliebte wieder und wird nun mit ihr vereint. Die Sage kommt in abweichender Fassung schon in einem französischen Gedichte des 12. oder 13. Jahrh. (»L'escoufle«) und in dessen mittelhochdeutscher Nachbildung »Der Busant« (Habicht) vor. Von Peter und M. wird sie zuerst 1457 in einem französischen Prosaroman erzählt, der zuletzt in der »Bibliothèque bleue« (1775) erschien und zum Volksbuch wurde. Die deutsche Bearbeitung von Veit Warbeck erschien zuerst Augsburg 1527 (hrsg. von Bolte, Weim. 1894); sie wurde auch in Simrocks sowie in Marbachs »Deutsche Volksbücher« aufgenommen. Tieck veröffentlichte eine freie, im ganzen nicht glückliche Umarbeitung der Sage in der »Wundersamen Liebesgeschichte der schönen M. und des Grafen Peter aus der Provence« (in den »Volksmärchen von Peter Lebrecht«, Bd. 2, Berl. 1797).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 62.
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