Meininger

[555] Meininger, vulgäre Bezeichnung der durch ihre zahlreichen Gastspiele im In- und Auslande rühmlichst bekannt gewordenen Hoftheatergesellschaft des regierenden Herzogs von Meiningen. Sie verdankt ihre Bedeutung für das deutsche Theater dem lebhaften Interesse Herzog Georgs, der die Oper seiner Residenz auflöste, um alle zu Gebote stehenden Mittel auf die Hebung des Schauspiels zu verwenden und auch hier wiederum nur das Bedeutende und Dauernde zur Darstellung zu bringen. Die Vorzüge der Aufführungen der M., wie sie sich unter der Leitung des Herzogs und seines Mitarbeiters Chronegk, zum Teil nach englischen Vorbildern, gestalteten, bestanden im wesentlichen einerseits darin, daß die äußere Ausstattung der Stücke bis ins kleinste stilvoll und echt war, d. h. dem betreffenden Stück nach Zeit und Art vollständig entsprach, anderseits in der harmonischen Gesamtwirkung der Darstellungen, erzielt dadurch, daß sich alle Spieler als Teile des Ganzen betrachteten und diesem unterordneten, so daß ein unbefugtes virtuoses Hervordrängen Einzelner ganz ausgeschlossen blieb. Das erste Gastspiel der M. fand 1. Mai 1874 in Berlin am Friedrich-Wilhelmstädtischen Theater mit einer Ausführung von »Julius Cäsar« statt; seitdem hat die Gesellschaft in 18 deutschen und in 18 fremden Städten (Amsterdam, London, Petersburg, Odessa u. a.) 2591 Vorstellungen gegeben, bei denen 41 Schauspiele ausgeführt wurden. 1890 wurden die Gastspiele eingestellt, nachdem ihr Zweck, die deutschen Bühnenleiter für die gleichen Grundsätze geschichtlich treuer Ausstattung und Kostümierung sowie eines einheitlichen lebendigen Zusammenspiels zu gewinnen, erreicht worden war. Die von den Meiningern aufgeführten Stücke wurden u. d. T.: »Repertoire des herzoglich meiningenschen Hoftheaters, offizielle Ausgabe« veröffentlicht. Vgl. R. Prölß, Das herzoglich meining. Hoftheater und die Bühnenreform (2. Aufl., Erfurt 1882) und Führer durch das Repertoire der M. (Leipz. 1887); H. Herrig, Die M. (2. Aufl., Dresden 1879); Richard, Chronik sämtlicher Gastspiele des herzoglich sachsen-meiningenschen Hoftheaters 1874–90 (Leipz. 1890); Grube, Die M. (Berl. 1905). In bildlicher Darstellung hat Allers in einem Album mit 26 Lichtdrucktafeln (Leipz. 1890) die Erinnerung an die M. festgehalten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 555.
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