Quecksilberchlorur

[505] Quecksilberchlorur (Merkurochlorid, Einfachchlorquecksilber, Kalomel, versüßtes Quecksilber, Draco mitigatus) Hg2Cl2 findet sich in der Natur als Quecksilberhornerz, entsteht beim Erhitzen von überschüssigem Quecksilber in Chlor, wird aus Quecksilberoxydulsalzen (Merkuronitrat) durch Chlornatrium oder Salzsäure, aus Quecksilberchloridlösung durch Schweflige Säure, im Sonnenlicht auch durch Oxalsäure gefällt und wird auf trocknem Wege dargestellt, indem man ein Gemisch von Quecksilberchlorid und Quecksilber sublimiert. Man erhält es hierbei als strahlig kristallinische, farblose Masse, die ein gelbliches Pulver gibt. Treten die Dämpfe des Quecksilberchlorürs zugleich mit Wasserdampf in einen Ballon, so kondensiert sich das Q. als zartes weißes Pulver (Dampfkalomel, englisches Kalomel, Hydrargyrum chloratum vapore paratum). Das[505] sublimierte Q. muß sorgfältig zerrieben und, um Spuren von Chlorid zu entfernen, ausgewaschen werden. Q. ist geruch- und geschmacklos, in Wasser, Alkohol und Äther so gut wie unlöslich, spez. Gew. 6,56, verflüchtigt sich, ohne vorher zu schmelzen, zerfällt bei wiederholter Sublimation zum Teil in Chlorid und Quecksilber, färbt sich am Licht braun, scheidet unter Bildung von Quecksilberchlorid Quecksilber aus und wird ebenso durch kochendes Wasser und kochende Säuren zersetzt; Alkalien, alkalische Erden und die Lösungen der Kohlensäuresalze schwärzen es unter Abscheidung von Quecksilberoxydul. Alkalichloride zersetzen es langsam unter Bildung von Doppelsalzen des Quecksilberchlorids, namentlich im Organismus. Das durch Reduktion von Merkurosalzen mit Zinnoxydulsalzen dargestellte Präparat gibt mit Chlorwasser oder Merkurichloridlösung eine milchartige Lösung (Hydrosol) von kolloidalem Q. Säuren verwandeln das Hydrosol in ein Gel, das nach dem Auswaschen in schwach alkalischem Wasser wieder gelöst werden kann. Es findet als Kalomelol wie auch in Form einer Verbindung mit organischen Kolloiden arzneiliche Verwendung. Man benutzt Q. gegen Syphilis (auch als intramuskuläre Einspritzung), als Abführmittel (es färbt die Stühle grün), als Darmdesinfizienz (bei Typhus, Cholera) bei Brechdurchfall, Ruhr, Gallensteinkolik, als harntreibendes Mittel bei Wassersucht, Herzkrankheiten, Lebercirrhose etc., örtlich bei Feigwarzen, Hornhauttrübungen; bei mehrtägigem Gebrauch von Q. entsteht leicht Speichelfluß. In der Porzellanmalerei benutzt man es zum Vermischen mit Gold, um dieses möglichst dünn auftragen zu können; auf mit Q. überzogenem oder imprägniertem Papier (Kalomelpapier) erzeugt eine Gummilösung mit unterschwefligsaurem Natron und Alaun unzerstörbare schwarze Schriftzüge. Mit chlorsaurem Baryt, Schellack und Schwefel gibt es eine dunkelgrün brennende bengalische Flamme.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 505-506.
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