Rauhes Haus

[633] Rauhes Haus (der alte plattdeutsche Name »Ruges Hus« verschieden abgeleitet), die von Joh. Hinr. Wichern (s. d.) 1. Nov. 1833 in dem Dorf Horn bei Hamburg gegründete Anstalt für innere Mission, umfaßt, jetzt an der Peripherie Hamburgs gelegen, eine Rettungsanstalt für sittlich gefährdete Knaben, eine Abteilung für Handwerkslehrlinge und Landwirtschaftseleven, ein Pensionat für Söhne höherer Stände, eine Buchdruckerei, Buchbinderei und Verlagsbuchhandlung, endlich die 1834 begründete sogen. Brüderanstalt. Dies ist eine Bildungsanstalt für junge Männer, die sich dem Erzieherberuf, einer Stadtmission, Arbeiterkolonie oder dem Dienst an Korrektions-, Straf-, Krankenanstalten etc. im Sinne der innern Mission widmen wollen. Sämtliche Zöglinge (Knaden, Lehrlinge, Schüler, Pensionäre) sind in sogen. Familien von 10–20 eingeteilt, die besondere Häuser mit Garten und Spielplatz bewohnen. Den einzelnen Knabenfamilien stehen als Leiter ältere Brüder oder (so im Pensionat) Pfarramtskandidaten (Oberhelfer) vor. Dem Leiter sind meist zwei jüngere »Brüder«, die noch selbst Unterricht empfangen, als Helfer zur Seite gestellt. Mit dem Pensionat ist eine staatlich anerkannte und berechtigte Realschule (Paulinum) verbunden. Das Rauhe Haus wird von einem Verwaltungsrat und vom Direktor geleitet, der zugleich Vorsteher der Bruderschaft und der Regel nach evangelischer Geistlicher ist. Die Bruderschaft zählte 1. Jan. 1906: 452 Mitglieder, nämlich 338 Sendbrüder und 114 Freibrüder. Organ des Rauhen Hauses sind die »Fliegenden Blätter« (seit 1844). Vgl. J. Wichern, Die Brüderschaft des Rauhen Hauses (Hamb. 1898) und Marksteine, neues Festbüchlein des Rauhen Hauses 1833–1898 (das. 1898); Hennig, D. Wichern und das Rauhe Haus (das. 1906).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 633.
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