Repressalĭen

[811] Repressalĭen (lat.), Eingriffe einer Staatsgewalt in die an sich berechtigten Interessen des gegnerischen Staates oder seiner Angehörigen, wenn ein Staat sich ein völkerrechtswidriges Verfahren gegen einen andern hat zuschulden kommen lassen. Als R. kommen die Beschlagnahme von Sachen und Forderungen, Unterbrechung des Handels-, Post- und Telegraphenverkehrs, Weigerung, Verträge zu vollziehen und Kündigung von Verträgen, Embargo (s. d.) und Blockade, die Ausweisung fremder Staatsangehörigen und (seltener) die Gefangennahme von Personen (Geiseln s. d.), die dem verletzten Teil angehören und sich im Bereich des verletzten befinden, zur Anwendung. In Kriegszeiten haben die R. mehr die Bedeutung einer Strafe für Verletzungen von feststehenden Kriegsregeln, von der allerdings die Schuldigen nicht immer direkt betroffen werden. Während heute R. nur von Staaten gegen Staaten zulässig sind, waren im Mittelalter bis herein ins 18. Jahrh., auf Grund von sogen. Repressalien- oder Markebriefen, auch Privatpersonen, die sich von dem Angehörigen eines andern Staates verletzt fühlten, berechtigt, sich selbst allein und unmittelbar an ihrem Übeltäter oder dessen Landsleuten zu rächen. Von den R. unterscheiden sich die Prohibitivmaßregeln (s. Prohibitivsystem) und die Retorsion (s. d.). Vgl. Lafargue, Les représaillesen temps de paix (1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 811.
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