Blockade

[65] Blockade (franz. Blocus, engl. Blockade, Blocking), die Absperrung eines feindlichen Ortes oder Bezirks vom Verkehr und namentlich vom Handelsverkehr durch eine kriegführende Macht. Hiernach fällt unter den Begriff der B. im weitern Sinn auch die Absperrung eines Platzes, insbes. einer Festung, im Landkrieg infolge einer Belagerung (s. Festungskrieg); im engern und eigentlichen Sinn aber spricht man von B. als von der Absperrung eines Hafens oder einer feindlichen Küste im Seekrieg, um sie vom Verkehr und vom Seehandel auch mit Angehörigen neutraler Staaten abzuschneiden (Seeblockade). Das Recht einer kriegführenden Macht, nicht nur einen einzelnen Hafen (Hafenblockade), sondern auch einen ganzen Küstenstrich des feindlichen Landes »zu blockieren«, ist von alters her völkerrechtlich anerkannt. Unbestritten ist jedoch das Blockaderecht nur für den Fall eines wirklichen und förmlich erklärten Krieges (Kriegsblockade). Wenn vereinzelt auch in Friedenszeiten der Blockadezustand erklärt worden ist, so 1886 von den Großmächten, außer Frankreich, gegen Griechenland (Friedensblockade, blocus pacifique), so hat sich in dieser Beziehung noch keine feste völkerrechtliche Praxis herausgebildet. Auch die Unterscheidung zwischen einer sogen. Handelsblockade, d. h. einer Absperrung von dem militärisch durchaus unverfänglichen Handelsverkehr, wie die »Kontinentalsperre« (s.d.), und der militärischen B., d. h. dem Abschneiden des Verkehrs mit einer Festung oder einer Seestation von militärischer Bedeutung, läßt sich nicht durchführen, und die Seemächte haben sich bisher den Versuchen gegenüber, das Blockaderecht auf das letztgedachte Gebiet zu beschränken, ablehnend verhalten. Dagegen ist der Unterschied zwischen effektiver und fiktiver B. (Blocus sur papier, Papierblockade) von Wichtigkeit. In frühern Zeiten pflegten nämlich die Seemächte die bloße Erklärung des Blockadezustandes für ausreichend zu erachten, ohne daß die tatsächliche Schließung des feindlichen Hafens erfolgt und die Seesperre tatsächlich eingetreten war. Der Pariser Kongreß stellte dagegen mit Zustimmung Englands 16. April 1856 den völkerrechtlichen Satz fest, daß eine B. nur dann obligatorisch sei, wenn sie effektiv wäre, d. h. aufrecht erhalten durch eine genügende Streitmacht, um wirksam das Anlegen an dem feindlichen Gestade zu untersagen. Gleichwohl erklärte Dänemark 1864 Stettin in Blockadezustand, ohne die Absperrung durchzuführen. Es ist jedoch heutzutage völkerrechtlich feststehender Grundsatz, daß die B. eine effektive sein muß, wenn sie die nachteiligen Folgen des Blockadebruches herbeiführen soll. Erforderlich ist vor allem eine Erklärung der B., und zwar zunächst eine allgemeine und öffentliche Proklamation des Blockadezustandes in Ansehung des betreffenden Hafens oder Seegebietes; sie erfolgt gewöhnlich auf diplomatischem Weg. Außerdem muß aber auch ein in gutem Glauben dem Hafen sich näherndes Schiff von der B. besonders benachrichtigt werden. Macht sich dann ein neutrales Schiff gleichwohl mittels Gewalt oder List des Bruches der B. schuldig, so kann es von der blockierenden Macht genommen und als gute Prise (s.d.) behandelt werden. Gehört die Ladung einem andern Eigentümer als dem des Schiffes, so erfolgt Freisprechung des erstern, wenn dem Eigentümer der Ladung die Absicht des Blockadebruches unbekannt und dieser ohne sein Zutun erfolgt war. Hat das Schiff, das einen Blockadebruch beging, inzwischen einen neutralen Hafen erreicht, so kann es nicht noch nachträglich aufgebracht werden, Die Mannschaft des wegen Versuchs des Bruches der B. aufgebrachten Schiffes verfällt in keinerlei Strafe. Vgl. Perels, Das internationale öffentliche Seerecht (Berl. 1882); Fauchille, Du blocus maritime (Par. 1882).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 65.
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