Rother [2]

[181] Rother (König R.), deutsch-mittelalterliches Gedicht aus dem langobardischen Sagenkreis, ist von einem »fahrenden« Sänger aus den Rheinlanden um 1150 in Bayern abgefaßt und zwar in kurzen Reimpaaren mit oft recht ungenauen Reimen. Der Inhalt des Gedichts ist in kurzem folgender: König R., der zu Bare (Bari in Apulien, einer der im Mittelalter besuchtesten Überfahrtsstätten nach dem Heiligen Lande) thront, will sich vermählen und sendet zwölf Grafen nach Konstantinopel, daß sie für ihn um des Königs Konstantin Tochter werben sollen. Konstantin, erzürnt über den Antrag, wirft die Boten[181] in den Kerker. Da zieht R. mit Heeresmacht vor Konstantinopel; eine Schar von Riesen, darunter der ungeheure Asprian, begleitet ihn. Unter dem Namen Dietrich begibt er sich zum König, gewinnt seine Neigung sowie auch bald die Liebe seiner Tochter, befreit Konstantinopel von einem feindlichen Heer und entflieht, das Kampfgetümmel benutzend, mit der Königstochter und all den Seinigen in die Heimat. Einem Spielmann des Königs gelingt es indessen, die Königin durch List wieder in die Heimat zurückzuführen. Da zieht R. von neuem nach Konstantinopel, wo eben die Hochzeit der Geliebten mit einem andern gefeiert werden soll, schleicht sich in den Festsaal, wird erkannt und soll gehenkt werden. Im Wald aber, wo er den Tod erleiden sollte, waren die Seinigen verborgen; die Riesen erschlagen den größten Teil seiner Feinde, und der König willigt endlich in Rothers Vermählung mit seiner Tochter. Sie gebar nach der Sage Pippin, den Vater Karls d. Gr. Das Gedicht wurde zuerst inv. d. Hagens und Büschings »Gedichten des Mittelalters« (Bd. 1, Berl. 1811) abgedruckt, dann von MaßmannDeutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts«, Bd. 2, Quedl. 1837), zuletzt und am besten von H. Rückert (Leipz. 1872) und K. v. Bahder (Halle 1884) herausgegeben. Vgl. Edzardi, Untersuchungen über König R. (in Bartsch' »Germania«, Bd. 18 u. 20, Wien 1872–75); J. Wiegand, Stilistische Untersuchungen über König R. (Bresl. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 181-182.
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