Maßmann

[413] Maßmann, Hans Ferdinand, Forscher auf dem Gebiete der altdeutschen Sprache und Literatur und Förderer der Turnkunst, geb. 15. Aug. 1797 in Berlin, gest. 3. Aug. 1874 in Muskau, begann in seiner Vaterstadt 1814 das Studium der Theologie, trat 1815 unter die freiwilligen Jäger und setzte nach seiner Rückkehr aus Frankreich im Herbst seine Studien in Berlin, dann in Jena fort, wo er der Burschenschaft angehörte. Bei dem Wartburgfest (s. d.), das er auch in einer Schrift schilderte, war er besonders tätig Deswegen besonders wurde er später in die Untersuchungen wegen demagogischer Umtriebe verwickelt. In den folgenden Jahren lebte er in Breslau, Halle, Magdeburg, Erlangen, Nürnberg und Berlin, teils an Turnanstalten und Schulen tätig, teils mit naturwissenschaftlichen und altdeutschen Studien beschäftigt. 1827 nach München berufen, wirkte er dort als Turnlehrer beim Kadettenkorps und als Leiter der 1828 eröffneten königlichen öffentlichen Turnanstalt, später auch als Professor der altdeutschen Literatur, Ministerialreferent für Schulwesen und Mitglied der Akademie der Wissenschaften. 1843 ward er nach Berlin berufen, um die Einrichtung des allgemeinen Turnunterrichts im preußischen Staat auszuführen, und erhielt 1846 zugleich eine Professur der altdeutschen Sprache und Literatur an der dortigen Universität. Die Ausführung seines turnerischen Auftrags scheiterte hauptsächlich deswegen, weil M., ohne die Macht von Jahns Persönlichkeit zu besitzen und ohne die ganz verschiedenen Verhältnisse zu berücksichtigen, doch das Turnen in dem Massenbetrieb zu erwecken hoffte, wie er es aus der Zeit der Befreiungskriege unter Jahn kannte. Er wurde 1851 zur Disposition gestellt, lebte seitdem in Berlin und starb in Muskau, wo seit 1877 ein von seiten der Turngenossen errichtetes Denkmal sein Grab schmückt. Von seinen turnerischen Schriften ist hervorzuheben: »Altes und Neues vom Turnen« (Berl. 1849, 2 Hefte); auch dichtete er unter anderm das Lied: »Ich hab' mich ergeben«. Seine sonstigen zahlreichen Publikationen bestehen zunächst in Ausgaben älterer deutscher Sprachdenkmäler, wovon wir nennen: »Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts« (Quedlinb. 1837–42, 2 Bde.); »Die deutschen Abschwörungs-, Beicht-, Buß- und Betformeln des 8. bis 13. Jahrhunderts« (das. 1839); »St. Alexius' Leben« (das. 1843); »Tristan« von Gottfried von Straßburg (Stuttg. 1843); »Kaiserchronik« (Quedlinb. 1849–53, 3 Bde.) etc. Um das Gotische machte er sich durch die Ausgabe der »Auslegung des Evangeliums Johannis« (Münch. 1834), der »Gotischen Urkunden von Neapel und Arezzo« (Wien 1838) und der Schriften des Ulfilas (Stuttg. 1855–56, 2 Bde.), um das Althochdeutsche durch seine »Erläuterungen zum Wessobrunner Gebet des 8. Jahrhunderts« (Berl. 1824), die Herausgabe der »Fragmenta theotisca« (Wien 1841) und die eines »Index« zu Graffs »Althochdeutschem Sprachschatz« (Berl. 1846) verdient. Einen schätzbaren Beitrag zur römischen Epigraphik lieferte er im »Libellus aurarius« (Leipz. 1841). Ausgezeichnet durch einen reichen Kommentar ist seine Ausgabe der »Germania« des Tacitus[413] (Quedlinb. 1847). Ferner veröffentlichte er: »Geschichte des mittelalterlichen Schachspiels« (Quedlinb. 1839); »Literatur der Totentänze« (Leipz. 1840); »Der Egerstein in Westfalen« (Weim. 1846); »Die Baseler Totentänze« (Stuttg. 1847) u. a. Vgl. Euler und Hartstein, H. F. M. Sein Leben, seine Turn- und Vaterlandslieder (Berl. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 413-414.
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