Magdeburg [1]

[57] Magdeburg, vormaliges deutsches Erzbistum. ward 962 aus einem Teil des Bistums Halberstadt[57] gebildet, 967 bestätigt, aber erst 968 nach dem Tode des Erzbischofs Wilhelm von Mainz und des Bischofs Bernhard von Halberstadt wirklich eingerichtet. Ihm unterstellt waren die Bistümer Meißen, Merseburg, Zeitz-Naumburg, Havelberg, Brandenburg und in der ersten Zeit auch Posen; auch erhielt der Erzbischof die Würde eines Primas in Deutschland. Adalbert, der erste Erzbischof, starb auf einer Visitazionsreise 981 bei Merseburg. Sein Nachfolger Gisilar, zugleich Bischof von Merseburg, besiegte die Wenden und starb 1004. Der 13. Erzbischof (1126–34) war der heil. Norbert, der Stifter des Prämonstratenserordens, dem er auch das Kloster Unser Lieben Frauen und andre Klöster anwies. Erzbischof Wichmann (1152–92) nahm an den Reichsangelegenheiten und am Kampfe gegen Heinrich den Löwen hervorragenden Anteil, half 1157 Brandenburg wiedererobern und dort das Christentum herstellen; unter ihm wurde das Schloß Giebichenstein Residenz der Erzbischöfe. Erzbischof Albrecht I., Graf von Käfernburg (1205–32), legte 1211 an Stelle des 1207 abgebrannten den Grund zu dem neuen Dom und führte den sogen. Magdeburger Krieg gegen den Markgrafen Albrecht II. von Brandenburg, der seine Güter in der Altmark vergebens von der Lehnshoheit des Erzstifts zu befreien suchte. Die Erzbischöfe Burchard I. (1232–35; gestorben in Konstantinopel auf einer Reise nach Jerusalem) und Wilbrand setzten den Kampf fort, der 1244 mit der Niederlage des Erzbistums endete. Unter dem 38. Erzbischof, Günter von Schwarzburg (1403–45), entbrannte der schon seit langem entzündete Streit zwischen Stift und Stadt 1432 heftig wegen der Befestigung der letztern gegen die Hussiten, worauf der Erzbischof das Interdikt über die Stadt verhängte, das er erst 1435 aufhob. Sein Nachfolger Friedrich verzichtete 1449 auf die Lehnshoheit über die Altmark. Von dem 40. Erzbischof, Johann von Bayern (1464–75), an bekleideten nur Mitglieder der großen fürstlichen Familien die erzbischöfliche Würde. Ernst von Sachsen (1476–1513) verlegte die Residenz nach Halle, wo er die Moritzburg erbaute. Auf ihn folgten sechs Fürsten aus dem Hause Brandenburg. Unter Albrecht V. (1513–45, s. Albrecht 8) zugleich Bischof von Halberstadt, seit 1514 auch Kurfürst von Mainz und seit 1518 Kardinal, begann seit 1524 die Ausbreitung der Reformation, so daß er 1541 das Stift verließ. Unter Johann Albert (1545–51) und Friedrich IV. (1551–52) behauptete sich die neue Lehre, und der letzte vom Papst bestätigte Erzbischof, Siegmund (1552–66), Kurfürst Joachims II. jüngster Sohn, trat offen zum Luthertum über und führte es auch im Land ein. Von seinen Nachfolgern, den drei postulierten Erzbischöfen evangelischen Bekenntnisses, übergab der erste, Joachim Friedrich, des spätern Kurfürsten Johann Georg Sohn, 1567 den seit 1546 geschlossenen Dom dem evangelischen Gottesdienst und verheiratete sich 1570 mit seiner Base Katharine von Küstrin. Der jüngste Sohn aus dieser Ehe, Christian Wilhelm (geb. 1587), folgte ihm, als Joachim Friedrich (s. Joachim 3) 1598 Kurfürst von Brandenburg wurde, erst unter der Vormundschaft des Domkapitels, seit 1608 selbständig, kämpfte im Dreißigjährigen Kriege gegen den Kaiser, wurde 1628 vom Kapitel entsetzt und sein Koadjutor, Herzog August von Sachsen, zweiter Sohn des Kurfürsten Johann Georg, zum Erzbischof und Administrator erwählt. Nach dem Restitutionsedikt 1629 ernannte Ferdinand II. seinen Sohn, Erzbischof Leopold Wilhelm, zum Erzbischof, der auch nach Magdeburgs Eroberung 1631 kurze Zeit das Stift innehatte. Den Streit zwischen den drei Prätendenten schlichtete der Prager Frieden 1635: Leopold Wilhelm erhielt Halberstadt, Christian Wilhelm, der 1632 in kaiserlicher Gefangenschaft katholisch geworden war, 12,000 Tlr. Rente, Herzog August von Sachsen das Erzstift. Infolge einer Bestimmung des Westfälischen Friedens (1648) nach Augusts Tode 1680 säkularisiert, kam es als ein erbliches Herzogtum an Brandenburg zum Ersatz für Vorpommern. Die Würde des Primas von Deutschland ging auf den Erzbischof von Salzburg über. Das ganze Herzogtum, ohne die 1780 dazu geschlagene preußische Grafschaft Mansfeld, umfaßte 1773 auf 5400 qkm 29 Städte, 7 Flecken und 418 Dörfer. Die Zahl der Einwohner belief sich auf 234,050, meist protestantischer Konfession. Die gesamten landesfürstlichen Einkünfte des Herzogtums betrugen jährlich 1,400,000 Reichstaler. Das Wappen war ein mit Rot und Silber quer geteilter Schild. Das Herzogtum war in vier Kreise geteilt: den Holzkreis, den Jerichowschen Kreis, den Saalkreis und den Ziesarschen Kreis. S. die »Geschichtskarten von Deutschland« (Bd. 4). Vgl. Lentzen, Stifts- und Landeshistorie von M. (Köthen 1756); »Regesta archiepiscopatus Magdeburgensis« (hrsg. von v. Mülverstedt, Magdeb. 1877–86, Bd. 1–3; Register von Winter und Liebe, 1899); Großfeld, De archiepiscopatus Magdeburgensis originibus (Münst. 1856); Uhlirz, Geschichte des Erzbistums M. unter den Kaisern aus dem sächsischen Hause (Magdeb. 1887); Opel, Die Vereinigung des Herzogtums M. mit Kurbrandenburg (Halle 1880); Danneil, Geschichte des magdeburgischen Bauernstandes bis zum Ende des Erzstiftes im J. 1680 (das. 1898).

[Burggrafschaft Magdeburg.] Ganz verschieden vom Erzbistum und Herzogtum M. war die Burggrafschaft M. Schon zu Karls d. Gr. Zeit gab es einen königlichen Statthalter zu M., dessen Amt dadurch größere Bedeutung erhielt, daß unter Otto I. die Vogtei über das neugegründete Erzbistum damit verbunden wurde. Nachdem mehrere Mitglieder der Häuser Walbeck und Plötzke die Burggrafschaft besessen hatten, kam sie 1118 an den Grafen Wiprecht von Groitzsch. Nach dem Tod von Wiprechts Sohn, Heinrich von Groitzsch, Markgrafen der Lausitz, kam sie 1136 an Burkhard von Querfurt, bei dessen Geschlecht sie bis 1269 blieb. In diesem Jahre kaufte Erzbischof Konrad II. das Burggrafentum mit dem damit verbundenen magdeburgischen Erzschenkenamt von dem Grafen Burkhard zu Mansfeld und überließ es,en Herzogen Johann von Lauenburg und Albrecht II. von Wittenberg für 12,000 Mk., aber als Lehen des Erzstifts. Die Burggrafschaft umfaßte damals die burggräflichen Rechte zu Magdeburg und Halle sowie die Ämter Gommern, Ranis, Elbenau und Grottau. 1294 wieder an das Erzstift verpfändet, blieb das Burggrafentum mit diesem vereinigt, bis es 1538 Kurfürst Johann Friedrich mit schweren Kosten wieder einlöste, um es zugunsten der Evangelischen gegen Albrecht V. geltend zu machen. Die deshalb entstehenden Streitigkeiten beendigte erst 10. Juni 1579 der Magdeburger Permutationsrezeß zu Eisleben zwischen dem Kurfürsten August von Sachsen und dem Erzstift M.: das Erzstift trat an Kursachsen einen großen Teil der Grafschaft Mansfeld ab, wogegen das Kurhaus Sachsen auf das Burggrafentum verzichtete, aber sich und seinen Nachkommen den Titel und das Wappen vorbehielt.[58]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 57-59.
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