Primas

[345] Primas (lat.), der Erste, Vornehmste, daher in der katholischen Hierarchie (s. d.) ein Erzbischof (Metropolit), der in der abendländischen Kirche (ähnlich wie die Exarchen in der morgenländischen) den Vorrang und bestimmte Jurisdiktionsrechte vor den andern Metropoliten eines Landes hatte. Der Papst ist P. der ganzen katholischen Kirche. Seit dem 4. Jahrh. führte der Bischof der Hauptstadt einer Provinz (auch Metropolit, Exarch) den Titel P. Später wurde P. der Amtstitel für die Bischöfe, die als päpstliche Vikare und Legaten fungierten. P. von Spanien ist der Erzbischof von Toledo; in England ist der Erzbischof von Canterbury seit Papst Honorius J. P. über alle Kirchen Britanniens. P. von Ungarn ist der Erzbischof von Gran seit den Tagen Bonifatius' IX., P. von Polen war der Erzbischof von Gnesen, dessen Würde Pius IX., um gegen die preußische Regierung zu demonstrieren, 1871 erneuert hat. Im Deutschen Reich empfing Mainz, das schon durch Bonifatius die Prima sedes geworden war, 975 und 1032 Primatialbefugnisse; mit denselben wurden 1016 Trier, 1026 Salzburg, 1052 Köln ausgestattet; schon 968 hatte auch der Erzbischof von Magdeburg den Primat in Deutschland erhalten. Indem also alle hervorragenden erzbischöflichen Stühle in Deutschland auf den Primat Anspruch erheben konnten, wurde die Würde völlig illusorisch. Durch die Rheinbundsakte 1806 wurde in Deutschland ein souveräner Fürst-P. geschaffen und der bisherige Reichserzkanzler, Karl Theodor von Dalberg (s. d. 2), der zugleich Erzbischof von Regensburg war, mit dieser Würde bekleidet. In Frankreich übte im 18. Jahrh. höchstens noch der P. von Lyon einige Primatialrechte aus, im übrigen war dieser Name ein leerer Titel geworden. Jetzt führen ihn die Erzbischöfe von Toledo, Tarragona, Rouen, Salzburg (P. Germaniae), Prag, Gnesen-Posen (P. Poloniae), Armagh, Venedig, Mecheln. Nur der Erzbischof von Gran übt Primatialrechte aus. In England führt der Erzbischof von Canterbury den Titel P. des Reichs, und der von York P. von England. Vgl. Friedrich, Zur ältesten Geschichte des Primates in der Kirche (Bonn 1879).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 345.
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