Honorĭus [1]

[535] Honorĭus (röm. Name, »der Geehrte«), Flavius, erster weströmischer Kaiser, Sohn des Kaisers Theodosius I., geb. 384 n. Chr., erhielt, schon 393 zum Augustus ernannt, nach seines Vaters Tode (17. Jan. 395) unter der Vormundschaft Stilichos, dessen Tochter Maria er 398 heiratete, das sogen. abendländische (weströmische) Reich (das außer Italien, Gallien, Britannien, Sp. mien und Afrika auch Dalmatien, Noricum, Pannonien und Rätien umfaßte), während sein älterer Bruder, Arcadius, den Thron des morgenländischen (oströmischen) Reiches bestieg. Solange Stilicho an der Spitze der Regierung stand, wurde durch dessen Tüchtigkeit das Ansehen des Reiches mit glücklichem Erfolg aufrecht erhalten. Ein Einfall der Westgoten unter Alarich 402 wurde bei Pollentia und bei Verona zurückgeschlagen, ein Heer von Vandalen, Sueven, A lanen und Burgundionen, das sich unter Radagais über Italien ergoß, 406 durch einen großen Sieg bei Fäsulä fast völlig vernichtet. Indessen konnte auch er nicht verhindern, daß sich 407 in Britannien ein dortiger Feldherr, Constantinus, unabhängig machte, und daß in demselben Jahre, wo die genannten Völker bei Fäsulä geschlagen wurden, ein andrer Teil von ihnen in Gallien eindrang und sich eines Stückes davon, später auch eines Teiles von Spanien bemächtigte. Als aber Stilicho 408 durch eine Palastintrige gestürzt und ermordet worden war, wurde Rom von Alarich dreimal (408,409 und 410) belagert und zuletzt geplündert. Nach dem Tod Alarichs (noch in dem nämlichen Jahre) betrat sein Schwager und Nachfolger Athaulf den Weg der Unterhandlungen mit H., heiratete des Kaisers Schwester Placidia und führte seine Westgoten nach dem südlichen Gallien. Daß sie sich dort seßhaft machten und unter Wallia ein Reich gründeten, war für H. ein großes Glück, da sie nun nicht nur selbst von Italien fern blieben, sondern auch andre es bedrohende deutsche Völkerschaften beschäftigten. Auch gelang es seinem tüchtigen Feldherrn Constantius, alle Usurpatoren niederzuwerfen. Aber er war zu schwach und unselbständig, um diese günstigen Umstände zur Kräftigung seines Reiches zu benutzen, und starb, ohne einen männlichen Erben zu hinterlassen, 27. Aug. 423 in Ravenna, wohin er schon 403 der größern Sicherheit wegen seine Residenz verlegt hatte.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 535.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: