Pippīn

[899] Pippīn (Pipin), männlicher Name, dessen bemerkenswerte Träger sind:

Fränkische Majores domus: 1) P. I. der Ältere (nicht: von Landen), Sohn des edeln Franken Karlmann, erlangte mit Hilfe des Bischofs Arnulf von Metz unter Chlotar 11. (613–628) und Dagobert das Amt eines Majordomus von Austrasien; gest. 639. Sein Sohn Grimoald starb 656.[899]

2) P. II. der Mittlere (nicht: von Heristal), geb. um 635, gest. 16. Dez. 714 in Juppille bei Lüttich, Sohn Ansegisels und der Begga, einer Tochter des vorigen, verkörperte nach dem Aussterben der austrasischen Merowinger die Selbständigkeit Austrasiens, ohne Majordomus zu sein, und ward durch den Sieg bei Tertrî 687 über den König Theuderich III. von Neustrien-Burgund und dessen Majordomus Berthar Majordomus der drei Reiche. Unter dem Titel eines princeps regiminis herrschte er über das Reich, führte die in Verfall gekommene Sitte der Volksversammlungen auf dem Märzfeld wieder ein, beförderte die Missionstätigkeit Willibrords, focht 689 (bei Wijk bij Duurstede) und 697 siegreich gegen die Friesen, ebenso gegen die Sachsen und Thüringer, Alemannen und Bayern. Seine Gemahlin war Plektrudis, die ihm die Söhne Drogo (gest. 708) und Grimoald (ermordet 714) gebar und nach einer sehr wahrscheinlichen Überlieferung (vgl. Keussen im 22. Bande der »Westdeutschen Zeitschrift«) die Kölner Marienkirche stiftete; sein dritter Sohn, Karl Martell (s. Karl 1), entstammte der zweiten Hauptfrau Alpheid (Chalphaid).

3) P. der Jüngere, Kurze oder Kleine, König der Franken, durch Körper- und Geisteskraft ausgezeichnet, geb. um 715, gest. 24. Sept. 768 in Paris, war der zweite Sohn Karl Martells und erhielt in der Teilung mit seinem ältern Bruder, Karlmann, 741 Neustrien und Burgund als Majordomus. 747 übertrug Karlmann seine Länder P. und zog sich in das Kloster Monte Cassino zurück. P. übernahm nun die Regierung des ganzen Frankenreichs, nachdem er die wiederholte Empörung eines jüngern Stiefbruders, Griso (gest. 753), unterdrückt hatte. Bei den Alemannen hob P. die Herzogswürde auf, und in Bayern setzte er Odilos unmündigen Sohn Tassilo als Herzog, aber unter fränkischer Oberhoheit, ein. 751 ließ er sich durch eine Versammlung der Franken zu Soissons nach Absetzung Childerichs III., der nebst seiner Familie in ein Kloster verwiesen wurde, mit Zustimmung des Papstes Zacharias zum König ausrufen. Als der von den Langobarden bedrängte Papst Stephan II. nach Frankreich kam, um P. um Hilfe zu bitten, ließ sich dieser 28. Juli 754 samt seinen Söhnen Karlmann und Karl zu St.-Denis von ihm krönen und zog darauf nach Italien. Aistulf, in Pavia belagert, verstand sich zu allem (Oktober), brach aber nach Pippins Abzug seine Zusagen und belagerte den Papst in Rom. P. kehrte 756 zurück, zwang Aistulf zur Anerkennung der fränkischen Oberherrschaft und zur Abtretung des Exarchats von Ravenna etc., das P. dem Papst schenkte (Pippinsche Schenkung, Donatio Pippini), und übernahm den Patriziat über die Stadt Rom. Den Bund mit dem Papst befestigte P. durch eine durchgreifende Reform der fränkischen Kirche und ihre Unterordnung unter die Autorität des römischen Stuhls, die er in Gemeinschaft mit Bonifatius durchführte. 753 und 757 führte er glückliche Kriege gegen die Sachsen, trieb durch die Eroberung Narbonnes (759) die Sarazenen über die Pyrenäen; 760–768 unternahm er wiederholte Feldzüge gegen Herzog Waifar von Aquitanien. Bei seinem Tode teilte er das Reich unter seine Söhne Karl (Karl d. Gr., s. Karl 2) und Karlmann. Vgl. Bonnell, Die Anfänge des karolingischen Hauses (Berl. 1866); Hahn und Ölsner, Jahrbücher des fränkischen Reiches (Leipz. 1863 u. 1871); Kehr, Die sogenannte Karolingische Schenkung von 774 (in der »Historischen Zeitschrift«, 1893); Dahn, Die Könige der Germanen, Bd. 8, Abt. 6 (Leipz. 1900).

4) König von Italien, zweiter Sohn Karls d. Gr. und der Hildegard, geb. 777, gest. 8. Juli 810, hieß früher Karlmann und erhielt den Namen P. erst, als er 781 vom Papst Hadrian in Rom getauft und zum König von Italien gekrönt wurde. 791 und 796 bekriegte P. die Avaren, verwüstete 797 mit den Bayern und Langobarden das Land der Slawen und zog 799 mit seinem Vater gegen die Sachsen. Bei der Teilung des Reiches 806 zu Diedenhofen (vgl. Karl 2, S. 629) erhielt P. Bayern und Italien, vertrieb die Mauren aus Korsika, eroberte 810 Venedig und unterwarf die Herzoge Wilheran und Beatus. Sein Sohn Bernhard (gest. 818) erhielt Italien 812.

5) König von Aquitanien, Sohn Ludwigs des Frommen und der Irmengard, geb. um 803, gest. 13. Dez. 838, wurde nach der Thronbesteigung seines Vaters 814 König von Aquitanien, empörte sich 830 nebst seinem Bruder Lothar gegen den Vater, erhielt bei der neuen Reichsteilung Gebietszuwachs, erhob sich 833 wieder, trug zu seines Vaters Absetzung bei, fiel dann aber von seinem Bruder Lothar ab, setzte Ludwig den Frommen wieder ein und blieb ihm bis zu seinem Tode treu. Sein Sohn P. wurde vom Thron ausgeschlossen und endete nach einem abenteuerlichen Leben 864 im Kerker.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 899-900.
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