Soissons [1]

[570] Soissons (spr. ßŭaßóng), Arrondissementshauptstadt im franz. Depart. Aisne, ehemals Hauptstadt der zur Ile de France gehörigen Landschaft Soissonnais, 45 m ü. M., am linken Ufer der Aisne gelegen, Knotenpunkt der Nord- und Ostbahn, war früher (bis 1872) Festung, hat mehrere Überreste gallorömischer Architektur und bedeutende Bauwerke aus dem Mittelalter, wie die schöne Kathedrale (12.–13. Jahrh.) mit 66 m hohem Turm, die ehemalige Abteikirche St.-Léger (13. Jahrh., jetzt zum kleinen Seminar gehörig), Reste der Stiftskirche St.-Pierre (12. Jahrh.) und außerhalb der Stadt Reste der 1079 gegründeten Abtei St.-Jean-des-Vignes (prächtige Fassade aus dem 13.–45. Jahrh., mit zwei 70 und 75 m hohen Türmen) u. a. S. ist Sitz eines Bischofs, eines Zivil- und Handelstribunals und einer Ackerbaukammer; es hat ein Collège, ein großes und kleines Seminar, eine Bibliothek mit 50,000 Bänden, ein Museum, Theater, einen Botanischen Garten, ein Taubstummen- und Blinden institut (an Stelle der Abtei von St. Medardus, wovon nur die Krypte erhalten ist) und (1901) 12,507 (als Gemeinde 13,240) Einw., die Landwirtschaft (beliebte Bohnen), Eisen- und Kupfergießerei, Fabrikation von Maschinen, Glas, Zucker und Strohhüten sowie Handel mit Getreide etc. betreiben. – Im Altertum hieß die Stadt Noviodunum, später Augusta Suessionum (wovon der heutige Name) und war die Hauptstadt der Suessionen im belgischen Gallien. In S. war ein Palatium der römischen Kaiser, und es war die letzte Stadt, welche die Römer in Gallien besaßen. Aëtius und Syagrius residierten daselbst, und letzterer wurde 486 von Chlodwig in der Nähe der Stadt geschlagen. In der Merowingerzeit war es fast immer Residenz eines Teilreichs und war auch nachher von Bedeutung. Hier fand 744 eine für Neustrien wichtige Synode und 751 die Erhebung Pippins zum König statt; hier mußte Ludwig der Fromme 833 Kirchenbuße tun. Seit dem 9. Jahrh. Sitz eigner Grafen, ging S. durch Kauf und Heirat in verschiedene Hände über und fiel 1734 an die französische Krone. Als Knotenpunkt großer Heerstraßen und Sperrpunkt der Nordbahn spielte S. in den Kämpfen von 1814 und 1815 sowie 1870 eine große Rolle, 15. Okt. d. J. ward es nach dreitägiger Beschießung vom Großherzog von Mecklenburg-Schwerin genommen. Die Geschichte dieser Belagerung beschrieben Gärtner (Berl. 1874, Beiheft zum »Militär-Wochenblatt«) und H. Müller (das. 1875); französischerseits Fossé d'Areosse (2. Aufl., Soissons 1893) sowie Collet (2. Aufl., das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 570.
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