Totes Meer

[639] Totes Meer, 1) (in der Bibel Salzmeer, Meer der Wüste, der Asphaltsee der Griechen und Römer, arab. Bahr Lût, »Lots Meer«) Landsee in Syrien, die Grenze zwischen dem Wilajet und dem Liwa Jerusalem bildend, ist von N. nach S. 76 km lang und 4,5–46 km breit und wird durch die an der Ostküste hervortretende Halbinsel Lisân (»Zunge«) in[639] zwei Becken geteilt (s. Karte »Palästina«). Es wird im O. und W. von steil abfallendem Hochtafelland begleitet, das sich 700–800 m über dem Wasserspiegel erhebt, und vom dem sich viele Talschluchten (Wadis) herabziehen, in denen sich einige Vegetation zeigt, während die sonstige Umgebung meist steril ist. Die beiden Becken sind von verschiedener Tiefe; während diese im nördlichen Becken in der Mitte meist über 300 m (größte Tiefe unter 31°36' nördl. Br. 399 m) und im gesamten Durchschnitt 329 m beträgt, scheint sie im südlichen Becken nirgends über 3,6 m zu messen. Doch schwankt der Seespiegel je nach der Jahreszeit um 4–6 m. Das Wasser ist ziemlich hell und klar, aber so mit Mineralsalzen gesättigt, daß hineingeworfenes Salz sich nicht mehr auflöst und weder Fische noch Schaltiere darin existieren können. Die salzigen Bestandteile (etwa 25 Proz.) sind Chlormagnesium, Chlorcalcium und Chlornatrium; dieselben verleihen dem Wasser des Toten Meeres ein spezifisches Gewicht von 1,166 gegenüber 1,027 des freien Weltmeeres, so daß dasselbe weit größere Lasten als das gewöhnliche Seewasser trägt und der menschliche Körper darin nicht untersinkt. Jene Salze werden durch Verdunsten des Wassers in Gruben in Menge gewonnen. Der Boden des Sees besteht aus Sand, unter dem sich eine Lage von Asphalt (Judenpech) befinden soll, der zuweilen in großen Stücken durch das Wasser aufgespült wird; nach andern stammt der Asphalt von einer Breccie am Westufer des Sees her. Das Tote Meer liegt 394 m unter dem Spiegel des Mittelmeers und ist die tiefste bekannte Einsenkung der ganzen Erde. Es empfängt an seinem Nordende den Jordan, außerdem mehrere Bäche, von denen die bedeutendern vom östlichen Hochland kommen. Ein sichtbarer Abfluß ist nicht vorhanden. Der Spiegel des Toten Meeres ist in der letzten Zeit bedeutend gesunken, weite Strecken liegen trocken und sind mit Salz bedeckt, vielleicht eine Folge der sehr vermehrten Ableitung des Jordanwassers zu Berieselungszwecken. Auch ist in dem ganzen Gebiet bei großer Regenarmut eine überaus starke Verdunstung vorhanden; es herrscht ferner wegen der tiefen Lage des Sees in seinem Bereich eine außerordentliche Wärme, welche die Verdunstung sehr befördert. Das Tote Meer ist Privateigentum des Sultans. Nach der biblischen Sage entstand das Bassin des Toten Meeres, das einst die fruchtbare Ebene Siddim mit den Städten Sodom und Gomorrha einnahm, durch einen Schwefelregen (der jetzt als aufeinander folgendes Erdbeben, Hervordringen von Grundwasser und vulkanische Eruption erklärt wird). Vgl. Lynch, Bericht über die Expedition der Vereinigten Staaten nach dem Jordan und dem Toten Meer (deutsch, Leipz. 1850); Hull, Memoir on the geology and geography of Arabia Petraea etc. (Lond. 1886); Luynes, Voyage d'exploration à la Mer Morte (Par. 1871–76, 3 Bde.); Blanckenhorn, Entstehung und Geschichte des Toten Meeres (Leipz. 1896) und Das Tote Meer und der Untergang von Sodom und Gomorrha (Berl. 1898). – 2) S. Karkinitischer Meerbusen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 639-640.
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