Valeriānsäuren

[996] Valeriānsäuren, vier isomere Säuren der Fettsäurereihe von der Formel C5H10O2, nämlich:

Tabelle

Von diesen Säuren findet sich die erste im rohen Methylalkohol, sie siedet bei 186°. Isopropylessigsäure (Isobutylameisensäure, gewöhnliche Valeriansäure oder Baldriansäure, Isovaleriansäure, Delphinsäure) findet sich neben Methyläthylessigsäure (die bei 175° siedet) in der Wurzel des Baldrians (Valeriana officinalis), in der Rinde und den reisen Beeren des Schneeballes (Viburnum opulus), im Splinte des Holunders (Sambucus nigra), in den Wurzeln von Angelica Archangelica und Athamantha Oreoselinum, in den Blüten und im Kraut von Anthemis nobilis, in den Früchten des Hopfens etc., ferner im Delphinöl und Fischtran, im Fußschweiß, Wollfett und in andern tierischen Sekreten, auch im alten Käse. Sie entsteht neben Methyläthylessigsäure bei Oxydation des optisch inaktiven Amylalkohols, bei der Oxydation und Fäulnis der eiweißartigen Körper etc. Sie wird aus Amylalkohol durch Behandeln mit chromsaurem Kali und Schwefelsäure dargestellt, bildet eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,947, riecht stark nach Baldrian und faulem Käse, schmeckt stark sauer, brennend scharf, mischt sich mit Alkohol und Äther, löst sich in 30 Teilen Wasser, erstarrt nicht bei -15°, siedet bei 175° (die reine Isovaleriansäure bei 174°) und bildet meist kristallisierbare Salze (Valerianate), die süßlich, hinterher stechend schmecken, im feuchten Zustand baldrianartig riechen, sich fettig anfühlen und im Wasser, zum Teil auch in Alkohol;[996] löslich sind. Einige, wie das Wismut-, Zink-, Chinin- und Atropinsalz, auch die Baldrianwurzel und das Baldrianöl werden gegen Nervenleiden, Hysterie, Epilepsie angewendet. Valeriansäureäthyläther (Baldrianäther) C5H9O2.C2H5, durch Destillation von valeriansaurem Natron mit Alkohol und Schwefelsäure erhalten, ist eine farblose, in Alkohol und Äther, nicht in Wasser lösliche Flüssigkeit vom spez. Gew. 0,866, riecht obstartig und siedet bei 133°. Der Valeriansäureamyläther C5H9O2.C2H11, wird analog dem vorigen dargestellt, bildet eine farblose Flüssigkeit, verhält sich wie der Äthyläther, siedet bei 188°, riecht besonders nach Verdünnung mit Alkohol durchdringend nach Äpfeln, kommt als Äpfelöl in den Handel und wird, wie der vorige, zu Fruchtäthern benutzt. Valeriansäurementholäther (Validol) mit freiem Menthol wird bei hysterischen Zuständen, akuter Alkoholintoxikation, Reflexneurosen, als anregendes und Magenmittel und, mit Kampfer gemischt, als lokales schmerzstillendes Mittel benutzt. Valeriansäurediäthylamid (Valyl)CH3(CH2)3.CON(C2H5)2, eine farblose, stark riechende Flüssigkeit, schmeckt brennend, wird bei Neuralgie, Migräne, Hysterie, traumatischen Neurosen, Menstruationsstörungen, klimakterischen und Schwangerschaftsbeschwerden angewendet. Trimethylessigsäure siedet bei 163°.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 996-997.
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