Beer

[548] Beer, 1) Wilhelm, Selenograph, Bruder des Komponisten Meyerbeer (Jakob B.), geb. 4. Jan. 1797 in Berlin, gest. daselbst 27. März 1850, untersuchte auf seiner kleinen Privatsternwarte in Berlin mit Mädler den Mars und machte umfangreiche Aufnahmen der Mondoberfläche, welche die erste vollständige und genaue Generalkarte des sichtbaren Teiles der Mondscheibe lieferten (»Mappa selenographica«, Berl. 1834–36, 4 Blätter). B. schrieb noch: »Physische Beobachtungen des Mars in der Erdnähe« (Berl. 1830); »Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verhältnissen, oder allgemeine vergleichende Selenographie« (das. 1837, 2 Bde., mit Karte).

2) Michael, dramat. Dichter, Bruder des vorigen, geb. 19. Aug. 1800 in Berlin, gest. 22. März 1833 in München, studierte in seiner Vaterstadt und in Bonn und gewann nach einigen beachtenswerten Jugendversuchen in der TragödieKlytämnestra«, »Die Bräute von Aragonien«) großen Erfolg mit dem merst 1823 aufgeführten, das Los der Unterdrückten behandelnden und auf die Judenfrage anspielenden einaktigen Trauerspiel »Der Paria« (Stuttg. 1829) Sein nächstes Drama, »Struensee« (Stuttg. 1829), mit Musik von Beers Bruder Jakob (dem bekannten Komponisten Meyerbeer), enthält einzelne große Momente, vermag aber für den Helden nicht zu gewinnen. Beers letzte Tragödie: »Schwert und Hand« (1831), ist weit schwächer und fand so wenig Beifall wie sein Lustspiel »Nenner und Zähler«. Frühreif, durch Reisen ins Ausland (Italien, Frankreich) und vielseitigen Verkehr (in München, Berlin, Bonn, Düsseldorf) angeregt, erweckte der sehr wohlhabende Dichter Hoffnungen, die er nicht zu erfüllen vermochte. Sein Andenken lebt in Stiftungen, welche die Berliner Akademie der Künste verwaltet, fort. Seine »Sämtlichen Werke« gab Eduard v. Schenk mit einer Biographie heraus (Leipz. 1835). Von dem bescheiden-liebenswürdigen Wesen des Dichters zeugt sein vorzugsweise mit Immermann geführter »Briefwechsel« (hrsg. von Schenk, Leipz. 1837). Vgl. G. F. Manz, M. Beers Jugend und dichterische Entwickelung bis zum »Paria« (Freiburg i. Br. 1891).

3) Adolf, österreich. Geschichtschreiber und Politiker, geb. 24. Febr. 1831 zu Proßnitz in Mähren, gest. 7. Mai 1902 in Wien, wurde 1857 außerordentlicher Professor der österreichischen Geschichte an der Rechtsakademie zu Großwardein, 1858 Professor an der Handelsakademie zu Wien und war 1868–1901 ordentlicher Professor an der technischen Hochschule daselbst. Bei den organisatorischen Arbeiten im Unterrichtsrat beteiligt, trat B. als Hofrat ins Unterrichtsministerium, legte diese Stelle aber 1870 nieder und ließ sich 1873 zum Mitgliede des Abgeordnetenhauses des Reichsrats wählen, wo er der deutschen Linken angehörte. 1897 wurde er Mitglied des Herrenhauses. Er veröffentlichte: »Allgemeine Geschichte des Welthandels« (Wien 1860–84,3 Abtlgn. in 4 Bdn.); »Die Fortschritte des Unterrichtswesen in den Kulturstaaten Europas« (mit Hochegger, das. 1867–68, 2 Bde.); »Aufzeichnungen des Grafen W. Bentinck über Maria Theresia« (das. 1871); »Die erste Teilung Polens« (das. 1873, 3 Bde.); »Joseph II., Leopold II. und Kaunitz; ihre Briefwechsel etc.« (das. 1873); »Friedrich II. und van Swieten« (Leipz. 1874); »Leopold II., Franz II. und Katharina. Ihre Korrespondenz etc.« (das. 1873); »Die Finanzen Österreichs im 19. Jahrhundert« (Prag 1877); »Zehn Jahre österreichischer Politik, 1801–1810« (Leipz. 1877); »Der Staatshaushalt Österreich-Ungarns seit 1868« (Prag 1881); »Die orientalische Politik Österreichs seit 1774« (das. 1883); »Die österreichische Handelspolitik im 19. Jahrhundert« (Wien 1891) und »unter Maria Theresia und Joseph II.« (das. 1898); mit I. v. Fiedler: »Joseph II. und Graf Ludwig Cobenzl, ihr Briefwechsel« (das. 1901, 9 Bde)

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 548.
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