Victorĭa Niansa

[139] Victorĭa Niansa (bei den Uferbewohnern Niansa ya Uganda oder Niansa ya Usukuma, bei den Suaheli Bahari ya Pila, »zweites Meer«, früher auch Ukerewe), großer Süßwassersee in Äquatorialafrika (s. Karte »Deutsch-Ostafrika«), 660 km westlich vom Indischen Ozean, zwischen 0,25–3° südl. Br. und 31°45'-34°45' östl. L., 1180 m (nach Stuhlmann 1190 m) ü. M. (200 m über dem Albert Edward-See, 500 m über dem Albert Niansa), 68,000 (oder 66,000) qkm groß, also etwas kleiner als Bayern. Nach dem deutsch-englischen Vertrag vom 1. Juli 1890 bildet der 1.° südl. Br. die Grenze zwischen Britisch-Ostafrika (N.) und Deutsch-Ostafrika (S.). Die Ufer im N. und W. sind steiler als die im O. und S., das Ostufer trägt Steppencharakter, das Südufer ist sumpfig. Die Gliederung der Küsten, die überall groß ist (im O. der Baumanngolf, im S. der Spekegolf, Emin Paschagolf und Smithsund, im NO. die Ugowebai), wird oft durch einen Schwarm von Inseln verdeckt. Eine ganz genaue Vermessung und kartographische Aufnahme aller Küsten ist durch Whitehouse 1900–07 vorgenommen, deren Resultate noch nicht überall bekannt sind, aber unter anderm eine noch viel größere Zahl von Inseln festgestellt haben. Der See ist früher bedeutend größer gewesen; möglicherweise haben auch der Eyassisee und die Wemberesteppe einst zu ihm gehört. Von den zahlreichen Inseln (zusammen über 6100 qkm) sind die bedeutendsten: auf englischem Gebiet Sesse, Bukasa, Uvama, Ugingo, auf deutschem Ukerewe (1190 qkm), Ukara, Luwondo, Bumbire (56 qkm). Außer zahlreichen kleinern Zuflüssen geht dem V. von W. der Kagera (s. d. und Nil) zu, einziger Abfluß ist der Kiwira oder Somerset-Nil. Der See hat sehr klares Wasser und ist fischreich, bei einer Temperatur von 20–25°. Die Höhe des Seespiegels unterliegt Veränderungen, den sogen. Seiches (vgl. Lyons, Variations of level of Lake V., Kairo 1904), ebenso wie manche behaupten, der V. nehme auch jetzt noch an Umfang ab. Der Landschaftscharakter wechselt nach Beleuchtung und Wetter. Die englischen Ufer sind im ganzen feuchter und pflanzenreicher als die deutschen. Dichte, ausgedehnte Wälder sind am Ufer selten. Große Verheerungen hat unter den Anwohnern des V. die Schlafkrankheit (s. d.) angerichtet, die 1905–07 Robert Koch behufs Bekämpfung studiert hat. Auf dem V. verkehren 2 englische und ein deutscher Dampfer. Um den Verkehr noch zu heben, will man unter Benutzung der Ripon-Fälle (s. Nil, S. 699) den V. mit dem Albertsee durch eine elektrische Bahn verbinden, wodurch der Verkehr vom obern Nilgebiet nach Uganda gelenkt würde. Der V., 1858 von Speke entdeckt und zusammen mit Grant 1861–62 weiter[139] untersucht (besonders die nördliche Ausdehnung), wurde von Stanley 1875 umfahren und 1889 von ihm, 1890 und 1891 von Stuhlmann, 1892 von Baumann, 1898 von Kollmann erforscht (s. auch Nil, S. 701). Vgl. Kollmann, Der Nordwesten unsrer ostafrikanischen Kolonie. Eine Beschreibung von Land und Leuten am V. (Berl. 1898); v. Brandis, Deutsche Jagd am V. (das. 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 139-140.
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