Woche

[712] Woche (got. vikô, altnord. vika, althochd. wëcha), ein Zeitabschnitt von sieben Tagen, der seinen Ursprung wohl weniger in den sieben Planeten, wie Dion Cassius behauptet, als in den Mondphasen hat, die nach ungefähr je sieben Tagen aufeinander folgen. Schon die Babylonier kannten die siebentägige W. und bezeichneten deren einzelne Tage in derselben Weise wie später Ägypter und Römer nach Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. Die Juden brachten die W. (Schebua, von scheba, d. h. sieben) mit ihrer Schöpfungsgeschichte, Gesetzgebung und Religion in Verbindung, insofern sie jeden siebenten Tag zum allgemeinen Ruhetag bestimmten und den Eintritt ihres sogen. Wochenfestes (s. d.) nach einem Wochenzyklus festsetzten. Gleichwohl scheinen sie im gemeinen Leben die Wochenrechnung erst nach dem Exil angewendet zu haben. Auch haben sie außer Sabbat keinen Namen für die Wochentage, sondern bezeichnen dieselben mit den ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets, und noch im Neuen Testament wie bei den ältern Kirchenvätern findet sich gewöhnlich die Bezeichnung »am ersten, zweiten etc. des Sabbats« für Sonntag, Montag etc. Zu den Griechen, die früher durch die Dekaden eine Art zehntägiger W., und zu den Römern, die durch die nundinae achttägige Wochen hatten, kam die siebentägige W. mit ihren Benennungen von den Ägyptern. Die germanischen Völker haben vielleicht schon vor ihrer Bekanntschaft mit den Römern die siebentägige W. gehabt, da sie, wie Tacitus berichtet, gottesdienstliche, gerichtliche und politische Versammlungen und wichtigere Unternehmungen nach dem Wechsel des Mondes bestimmten. Wahrscheinlich wurden sie über Gallien her mit den römischen Bezeichnungen für die Wochentage bekannt, übertrugen sie aber in ihre Sprache, indem sie die römischen Götternamen durch die entsprechenden eignen ersetzten. So wurde der dies solis und lunae zum Sonn- und Mondtag, der Tag des Mars zum Tage des Schwertgottes Ero oder Ziu, des altnordischen Tyr, weshalb er noch jetzt in Bayern manchmal Ertag oder Erhtag, in Schwaben Ziestag, Zistig (engl. Tuesday) und im übrigen Deutschland Dienstag heißt, der Tag des Merkur zum Wuotanstag (altniederd. Wodenesdag, engl. Wednesday), der dies Jovis zum Tage des Donar, des nordischen Thor (engl. Thursday), und der dies Veneris zum Tage der Freyja, dem heutigen Freitag. Der dies Saturni behielt seinen Namen im Niederländischen, Plattdeutschen und Englischen als zaturdag, saturdag und saturday bei und verwandelte sich im Altnordischen zum laugardagr, d. h. Badetag, im Hochdeutschen aber unter christlichem Einfluß entweder zum Sonnabend, d. h. Abend vor dem Sonntag, oder zum Samstag, dem Sabbat der Juden. Ebenso trat für den Wodanstag im Althochdeutschen früh schon die Benennung Mittwoch, d. h. Mitte der W., auf. Die christliche Kirche, welche die siebentägige W. von den Juden übernommen, bezeichnete die Tage mit Zahlen als feria prima, secunda etc. und führte nur für den ersten Tag ihrer W. zur Erinnerung an den Auferstehungstag Christi den Namen dies dominica (Tag des Herrn) ein, den die romanischen Völker statt des dies solis angenommen, franz. dimanche, wogegen sie für die übrigen Tage die heidnischen Benennungen beibehalten haben. Die Portugiesen allein folgten dem Brauche der Kirche, die übrigen Tage der W. als segunda feira, terça feira etc. zu bezeichnen, und schlossen sich bloß beim letzten Tage der allgemein gewordenen Sitte an, ihm den jüdischen Namen Sabbat beizulegen. Mit dem Christentum ist dann die siebentägige W. weiter verbreitet worden, während sie durch die Araber bei allen Bekennern des Islams und selbst bei vielen Negerstämmen des innern Afrika Eingang fand. Der Revolutionskalender der Franzosen ersetzte sie durch Dekaden (vgl. Dekade). Die in der Bibel vorkommenden Jahreswochen sind Jahrsiebente, die nur der hebräischen prophetischen Poesie angehören, und ebensolche Jahrsiebente sind die annorum hebdomadae einiger römischer Schriftsteller.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 712.
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