Zensōren

[889] Zensōren, im alten Rom Name der zwei das Volk schätzenden Beamten. Nachdem nämlich die von Servius Tullius eingerichtete Schätzung (Census) anfangs von den Königen, dann von den Konsuln vorgenommen worden war, wurde für sie 443 v. Chr. auf Verlangen der Patrizier ein besonderes Amt ge schaffen, um sie nicht mit der höchsten obrigkeitlichen Gewalt, die durch ein Gesetz des Jahres 445 den Plebejern zugänglich gemacht worden war, ihnen zufallen zu lassen; es war daher zunächst patrizisch, und erst 339 haben die Plebejer auf eine der beiden Stellen das Anrecht erhalten, seit 131 aber auch zuweilen beide bekleidet. Die Z. waren zuerst von einer Wahl zur andern 5 (seltener 4) Jahre lang im Amte, aber schon 434 wurde es auf 18 Monate beschränkt, so daß es in der Zwischenzeit von 31/2 (oder 21/2) Jahren keine Z. gab. Zu der Schätzung der Bürger nach Rang und Vermögen, die durch eine Sühnung des gesamten Volkes, das sogen. Lustrum (s. d.), abgeschlossen wurde, kam im Laufe der Zeit die finanzielle Tätigkeit hinzu, die Verpachtung der Zölle und der sonstigen Staatsgefälle, die Fürsorge für Bau und Instandhaltung der Tempel und der übrigen öffentlichen Gebäude, der Straßen u. dgl. Von noch größerer Bedeutung war die Aufsicht über die Sitten der Bürger, die sich aus der den Z. ob liegenden Anfertigung der Liste der Bürger für die Besteuerung und Aushebung sowie der Musterung der Ritter und auch der Senatoren entwickelt hatte und sich über alles erstreckte, was der Wohlfahrt des Staates entgegen war oder die im Interesse des Staates zu fordernde bürgerliche Ehrenhaftigkeit beeinträchtigte, also z. B. feige Haltung vor dem Feind, Unbotmäßigkeit gegen Vorgesetzte, Mißbrauch der Amtsgewalt, falsches Zeugnis, Meineid, Verschleuderung des Vermögens, Luxus, Mißbrauch des hausherrlichen Rechts etc. Die Strafmittel bestanden hauptsächlich in öffentlicher Rüge (nota censoria), in Ausstoßung aus dem Senat, Entziehung des Ritterpferdes und Versetzung in niedrigere Tribus oder unter die von allen Tribus ausgeschlossenen Ärarier. Dieses Strafgericht, das die Z. wie ihre übrigen Befugnisse lediglich nach ihrer persönlichen Überzeugung ausübten, war es vorzüglich, was ihnen in der Blütezeit der Republik hohes Ansehen und tief eingreifenden Einfluß verlieh. Es wurde daher die Zensur niemandem zweimal zuteil und meist erst nach dem Konlusat verwaltet. Mit der Republik verfiel zugleich die Bedeutung des echt republikanischen Amtes. Von Augustus und auch von seinen Nachfolgern ist es zwar zeitweise erneuert, von Domitian ständig bekleidet worden, seitdem aber verschwunden. Die Musterung der Ritter und des Senats und das öffentliche Bauwesen waren schon mit Beginn der Alleinherrschaft dem Kaiser zugefallen, die Schätzung kam für Rom mit der Zensur überhaupt ab, während sie in den Provinzen ebenfalls der Kaiser durch seine Beamten besorgen ließ. Vgl. de Boor, Fasti censorii (Berl. 1873). – Z. nennt man auch bei einigen Banken. z. B. der Französischen Bank, der Österreichisch-Ungarischen Bank, die Mitglieder einer besondern Bankbehörde, des sogen. Zensurkomitees, das speziell das Diskontogeschäft der Bank zu überwachen hat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 889.
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