Vierzehnte Familie: Paradiesvögel (Paradiseidae)

[411] Die Paradiesvögel (Paradiseidae) sind prachtvolle, an unsere Raben erinnernde Vögel von der Größe eines Hehers bis zu einer Lerche. Der Schnabel ist mittellang, gerade oder etwas gebogen, seitlich zusammengedrückt, an der Wurzel mit einer befiederten Haut bedeckt, unter welcher die Nasenlöcher verborgen sind, der Lauf länger als der Schnabel, der Fuß kräftig, großzehig und mit derben und scharfen, stark gekrümmten Klauen bewehrt, der Flügel mittellang und sehr abgerundet, da die sechste und siebente Schwinge die anderen überragen, der gerade, zwölffederige Schwanz mäßig lang, durch drahtartig verlängerte Federn ausgezeichnet, oder sehr lang, einfach gebildet und dann stark abgestuft. Bei mehreren Arten verlängern und zerschleißen sich die Federn der Weichengegend in ungewöhnlicher Weise. Weibchen und Junge sind stets einfacher gefärbt als die Männchen.

Die Paradiesvögel, von denen nicht mehr als achtzehn Arten bekannt sind, bewohnen Neuguinea, die Aruinseln, Salawati, Misul, Waigiu und Jobie. Jede der letztgenannten Inseln beherbergt einen oder mehrere Paradiesvögel. Nicht ihre Bälge allein, sondern auch die anderer Prachtvögel werden von den Papua bereits seit Jahrhunderten in den Handel gebracht, und namentlich die Holländer haben sich mit dem Eintausche derselben befaßt. Von Rosenberg beschreibt die Art und Weise der von den Eingeborenen beliebten Zubereitung wie folgt: »Die Papua erlegen die Männchen und zuweilen auch die Weibchen mit Pfeilen und streifen ihnen hierauf mittels eines[411] Querschnittes über Rücken und Bauch die besonders dicke Haut ab. Dann schneiden sie die Füße mit dem Hintertheile der Bauchhaut weg, reißen die großen Schwungfedern aus und spannen nun die so verarbeitete Haut über ein rundes Stäbchen, so daß dieses einige Centimeter lang aus dem Schnabel hervorragt, welch letzterer mittels einer Schnur an dem Holze befestigt wird. Hierauf hängen sie die mit Holzasche eingeriebenen Bälge im Inneren der Hütte über der Feuerstelle auf, um sie im Rauche zu trocknen und vor Ungeziefer zu bewahren. Der Balg ist damit fertig. Die Eingeborenen von Misul lassen Füße und Schwungfedern an dem Balge; auch die Aruesen haben bemerkt, daß unverstümmelte Bälge mehr gesucht und besser bezahlt werden als verstümmelte und kommen daher langsam von der alten Gewohnheit zurück, so daß jetzt auch schon von den Aruinseln gute Bälge in den Handel gelangen. Kaufleute aus Mangkassar, Ternate und dem östlichen Ceram sind es hauptsächlich, welche die Paradiesvögel aufkaufen und nach ihrer Heimat oder nach Singapore bringen, von wo sie weiter nach Europa und China ausgeführt werden. Nach der Aussage dieser Leute kommen die schönsten Bälge von der Nordküste Neuguineas und aus den tief in dem Geelvinkbusen liegenden Gegenden. Der Sultan von Tidore, Lehensherr des unter niederländischer Oberherrschaft stehenden Theiles von Neuguinea, erhält jährlich von dort als Zoll eine unbestimmte Anzahl Bälge, deren Geldwerth an Ort und Stelle zwischen fünfundzwanzig Cents und einem Gulden holländisch beträgt.«

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 411-412.
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