Freischießen

[697] Freischießen, in der Schweiz Benennung der nationalen Schützenfeste, welche alljährlich gefeiert werden. Den Mittelpunkt des Festes bildet das Scheibenschießen, für welches Prämien ausgesetzt sind, deren Betrag sich auf große Summen beläuft, so 1857 in Bern auf 179.000 Frcs. Diese Prämien, sowie die Kosten der Festlichkeit werden durch freiwillige Beiträge bestritten. In der Abhaltung des Festes wechseln die verschiedenen Cantone ab, jedoch nicht nach einem bestimmten Turnus. Jede Genossenschaft führt ihre Fahne mit sich; diese werden auf der Fahnenburg aufgestellt, welche zu oberst mit der eidgenössischen geschmückt ist. Der Abstand der Scheiben vom Schießstande beträgt gewöhnlich 350 Schritte. Alle Schützen tragen das eidgenössische Wappen u. die Kokarde ihres Cantons. Nach Vollendung des Schießens werden die Preise in der Fahnenburg vertheilt. Die Theilnahme an diesen Festen ist von Jahr zu Jahr im Wachsen. Hervorgegangen sind dieselben aus den schon von Alters her üblichen Schützenfesten, welche aus der Zeit des Bundes der 8 Orte stammen. Einen höheren Aufschwung erhielten sie nach dem Zürichkriege, welchem 1452 das Gesellenschießen zu Sursee folgte; 1456 das Strasburger F., das zum Bunde zwischen Strasburg u. der Schweiz führte. Im 15. Jahrhundert entstand auch die alte Schützenordnung, in welcher Bestimmungen über die F. u. die Theilnahme an denselben getroffen wurden. Die Feste wurden sehr glänzend, wie zu Zürich 1504. Doch verkümmerten die bald darauf folgenden religiösen Streitigkeiten über ein Jahrbundert lang die Schützenfeste; nur wurden 1604 zu Solothurn, 1605 zu Basel, 1608 zu Zürich glanzvolle Schießen gefeiert. Später hörte der Verband der Schützengesellschaften auf; das locale Interesse hatte das allgemeine eidgenössische verdrängt. Erst in neuerer Zeit fand sich wieder Sinn für sie. Schmied-Guiot von Aarau ist der Stifter der jetzigen F. Das erste wurde 1822 zu Aarau gefeiert; alljährlich wurden sie nun wiederholt u. gewannen an Ausdehnung u. politischer Bedeutung; 1827 entstand zu Basel der Schweizerische Schützenverein; 1828 schloß sich die Französische Schweiz an. Ferner wurde das Fest u.a. gefeiert 1830 in Bern, 1842 in Chur, 1844 in Basel, zugleich Gedenkfeier der Schlacht von St. Jakob u. Versöhnungsfest Basels mit der Schweiz, 1847 zu Glarus, 1849 zu Aarau, das 25jährige Jubelfest der F., 1851 zu Genf, 1857 zu Bern.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 697.
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