Jubelfest

[148] Jubelfest (Jubiläum, v. lat. od. v. hebr. Jobel, die Posaune, womit das Jubeljahr der Juden angekündigt wurde), 1) Fest, an dem man das Andenken an eine vor 100, od. 50, od. 25 Jahren (100-, 50-, 25jähriges J.) von Gott empfangene Wohlthat, den Antritt eines Amtes, die Erwerbung einer Würde etc. feiert. 2) (L' anno santo), in Nachahmung des jüdischen Halljahrs erklärte Papst Bonifacius VIII. 1300 das erste Jahr des neuen Jahrhunderts für ein J. (Jubiläum), in welchem alle nach Rom Wallfahrenden großen Ablaß erhalten sollten (dah. auch Ablaßjahr) Die Beichtväter dürfen an ihm von allen Sünden absolviren, deren Lossprechung dem J. reservirt ist, können Gelübde (das der Keuschheit u. Ordensgelübde ausgenommen) in andere gute Werke, auch alle Censuren u. Kirchenbußen verwandeln. Clemens VI bestimmte 1350 jedes 50., Urban VI. jedes 33. Paul II. 1470 jedes 25. Jahr zu einem J., Letzter zugleich gewisse Kirchen in mehren Ländern für die, welche nicht nach Rom wallfahren könnten, als Stellvertreterinnen Roms. Nach Urbans VI. Änderung hätte das I. 1383 gefeiert werden müssen, kam aber erst 1389 unter seinem Nachfolger Bonifacius IX. zu Stande. Unter ihm sind die Nachjubiliäen üblich geworden. Derselbe feierte auch 1400 das J. aufs Neue (welcher Umstand für die Zeit der folgenden J-e entschied). Martin V. feierte, in Bezug auf das 1389 begangene, das J. 1423, Nicolaus V. aber wieder 1450. Nach Pauls J. Verordnung wurde das J. 1475 begangen. Jedes J. beginnt am Christabend; der Papst od. an seiner Statt ein Legat, erhebt sich in Procession u. eröffnet die bis dahin zugemauerte heilige Pforte Petri (Jubelpforte, Goldne Pforte, Porta santa) in der vaticanischen Basilica selbst, indem er von einem eigens dazu erbauten Thron nach Verrichtung mehrer Gebete hinabsteigt u. mit den Worten: Öffnet mir die Pforten etc. (Ps. 118, 19 ff.) mit einem goldnen Hammer drei Mal daran klopft, worauf die Mauer eingerissen wird, Pönitentiarier die Thür mit Weihwasser waschen u. der Papst mit dem Clerus u. Andern den Einzug hält u. alle Reliquienschätze erschließt. Zugleich öffnet eine Commission von drei Cardinälen die heilige Pforte im Lateran, zu Sta. Maria Maggiore u. der Paulskirche, die seit Bonifacius IX. auch Jubelkirchen sind. Den folgenden 24. Dec. werden die Pforten wieder vermauert, indem Stein u. Kalk geräuchert u. gesegnet werden, der Papst die ihm vom Großpönitentiar der Peterskirche überreichte silberne u. vergoldete Maurerkelle drei Mal mit Mörtel füllt, damit die Arbeit beginnt u. Münzen in die heilige Pforte wirst, welche dann 12 Maurer zumauern. Da dieses Fest 1800 nicht konnte gefeiert werden, wurde es 1825 begangen. Ebenso wurde das J. 1850 ausgesetzt, da der Papst Pius IX. damals nicht in Rom zugegen war u. man überhaupt in jener bewegten Zeit einen Zusammenfluß von Menschen vermeiden wollte. Vgl. Charl. Chais, Lettres sur jubilées, 1751, 3 Thle; Laurich, Legisl. Mos. de anno semisec., Altenb. 1794; Hoche, Gesch. des päpstl. J., Halberst. 1825; Paulus, Prüfung des Jubeljahrablasses, Heidelb. 1825. 3) In der Evangelischen Kirche sind die J-e zum Andenken an die Reformation 1617, 1717 u. 1817, zum Andenken an die Übergabe der Augsburger Confession 1630, 1730 u. 1830 u. an den Religionsfrieden 1655, 1755 u. 1855 gefeiert worden. 4) Andenken der Stiftung eines Klosters, einer Kirche, Schule, Erfindung, z.B. der Buchdruckerkunst, der Regierung eines Fürsten, des Amtsantrittes eines Privatmannes (Amtsjubelfest), der geschlossenen Ehe (s. Goldene u. Silberne Hochzeit).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 148.
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