Gallenkrankheiten

[872] Gallenkrankheiten, die Krankheiten, welche zunächst von der Leber, Gallenblase u. den Gallengängen abhängen, bald auf Mangel od. Verminderung (Acholia) od. Vermehrung (Polycholia) der Gallenab- u. Aussonderung od. krankhafter Beschaffenheit der Galle od. beiden Verhältnissen zugleich abhängen, u. bald als besondere Krankbeiten, wie das Gallenfieber (s.d.) u. die Gelbsucht (s.d.), bald als Begleiter u. Ursache anderer Krankheiten ersch inen, oft den herrschenden Krankheitscharakter bilden. Neigung dazu erzeugt vorzüglich der Spätsommer u. Herbst. Sie verrathen sich durch mancherlei Störungen der Verdauung, galliges Aufstoßen, Geschmack, Erbrechen u. ähnliche Durchsälle, Verstopfung, gelbe Hautfarbe, Mangel der Gallensonderung durch weißliche Färbung des Stuhls. Schwarze Salle (Billis atra, Melancholia) nannten die Alten theils eine der natürlichen Cardinalflüssigkeiten des Körpers neben dem Blute, dem Schleime u. der Galle, glaubten diese vorzüglich in dem untern schwarzen Theile des Blutkuchens zu erkennen u. sahen die Milz als ihre Werkstatt an. Wurde diese in vermehrter u. in krankhafter Weise bereitet, so erschien sie als krankhafte schwarze Galle, die aber auch durch Entartung der gelben Galle entstehen sollte. Hypothetisch ließ man diese schwarze Galle im Blute vorhanden sein u. daraus abgesondert werden, u. schrieb ihr als solcher die Erzeugung von mancherlei Krankheiten zu, z.B. der Melancholie, u. nahm eine schwarzgallige Constitution (Constitutio atrabilaria) u. selbst schwarzgallige Fieber (Febres atrabilares) an. In der Erscheinung gibt sich die schwarze Galle als eine dunkelgrüne od. bräunliche, weinhesensarbige, kaffeesatz- od. theerähnliche,[872] widerlich, oft aashaft riechende Flüssigkeit od. Masse zu erkennen, welche bald aus entarterter Galle, od. einem Gemisch von dieser u. andern krankhaft abgesonderten Flüssigkeiten des Magens u. Darmkanals, besonders aus schwarzem, verdorbenem Blute besteht u. durch Erbrechen od. Stuhlgang od. beide zugleich ausgeleert wird. In dieser Weise stellt sie namentlich, wenn dies in chronischem Verlaufe geschieht, die Schwarze Krankheit des Hippokrates od. Meläna (Morbus niger Hippocratis) dar. Es leidet dabei nicht blos die Leber, sondern öfter die Milz, auch andere Verdauungsorgane. Zu G. neigen sich vorzüglich Menschen von cholerischem Temperament.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 872-873.
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