Humōr

[611] Humōr, nach der alten Ansicht des Hippokrates von den vier Elementen aller Dinge, u. also auch der menschlichen Temperamente, die er auf die vier humores (Feuchtigkeiten) zurückführte, metaphorisch übertragene, bes. von den Franzosen (Humeur) u. Engländern (Humour) gebrauchte, von Lessing u. Jean Paul näher bestimmte Bezeichnung des von der Laune u. satyrischen Stimmung u. Anlage verschiedenen Charakters, der, obgleich sein Grundzug Menschenliebe ist, doch, indem er in der menschlichen Natur eine eigenthümliche Mischung guter u. böser Eigenschaften erblickt u. ihre Fehler lieber als Schwachheiten u. Thorheiten, denn als Verbrechen betrachtet, gleichsam in ihre Rolle übergeht u. nicht ohne Theilnahme offen, herzlich, aber zugleich auch auf originelle Weise über ihre lächerliche. Seite mit milder Empfindsamkeit u. Heiterkeit scherzt u. sich bemüht, die leidende Menschheit gleichsam über die Wirklichkeit hinaus in die Region einer epikureischstoischen Philosophie zu versetzen u. sie mit ihrem Schicksal zu versöhnen. Vgl. (Bob) Vom H., Freib. 1769 u. 1770. Daher Humoristisch, was diesen Charakter athmet; Humorist, Jemand, welcher H. besitzt u. mit H. schreibt. Swift, Sterne, Hippel, Jean Paul sind Muster humoristischer Schriftsteller.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 611.
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