Livĭus

[444] Livĭus. Die Livia gens war ein plebejisches Geschlecht, zu welchem die Familien Drusus, Pacatus, Salinator (s.d. a.) etc. gehörten. Nicht zu diesem Geschlechte gehörende Livier sind: 1) Liv. Andronicus, der Dichter, s. Andronicus. 2) Titus L., der römische Geschichtschreiber, geb. 59 v. Chr. in Padua; lebte lange in Rom am Hofe des Augustus, während welcher Zeit er Philosophie u. Rhetorik, bes. aber historische Studien trieb; nach dem Tode des Augustus kehrte er nach Padua zurück, wo er 19 n. Chr. starb. Er lieferte zuerst eine ausführliche römische Geschichte, Res romanae ab urbe condita, von den ältesten Zeiten bis 10 n. Chr., in 142 Büchern, von denen jetzt (im Mittelalter war das Werk noch vollständig erhalten) nur noch B. 1–10 u. 21–45 erhalten sind; Fragmente gibt es noch ausdem 45. u. 96. B. (in einem würzburger Codex, herausgegeben von P. I. Bruns, Hamb. 1773, Fol, Rom 1773; von Kreyßig, Ehemn. 1807, Lpz. 1813) u. aus dem 91. Buche; die Anffindung mehrer Bücher in Arabischer Sprache, deren sich der Abbate Gius. Vella (s.d.) zu Ende des vor. Jahrh. rühmte, erwies sich als Täuschung. Auch gibt es einen Auszug (Epitome) des ganzen Werks (mit dessen Hillse Joh. Freinsheim das Ganze wieder herzustellen versuchte) von einem unbekannten Verfasser. Die Eintheilung in Dekaoen ist aus späterer Zeit. L. schrieb in republikanischem Geiste, mit Benutzung reicher u. guter Quellen. wiewohl er in einzelnen Partien, so namentlich in der Darstellung der Spanischen Feldzüge u. überhaupt in der der Schlachten, nicht ganz genau ist; weniger groß durch Pragmatismus, als durch Charakterschilderung, die älteste Geschichte poetisch auffassend, in genauer chronologischer Ordnung, in musterhafter Sprache, leichtem anmuthigem Styl. Was Asinius Pollio, welcher an seinem Styl eine gewisse Patavinität tadelte, damit gemeint hat, ist ungetoiß, vielleicht meinte er die provincielle Darstellungsweise, die etwas von[444] der Urbanität der Hauptstadt abwich. Erste Ausg. (Rom 1470), Fol.; von Hier. Froben, Bas. 1535, Fol.; I. F. Gronov, Amst. 1679, 3 Bde., Bas. 1740; von Drakenborch, 1738–45, 7 Bde., u. Ausg. Stuttg. 1820–22, 15 Bde.; von A. W. Ernesti, Lpz. 1769, mit Glossarium livianum, 5 Bde., u. Aufl. von Schäfer, Lpz. 1801–1804, u. von Kreyssig, 1823–27, 5 Bde.; von Stroth u. Döring, Gotha 1796–1819, 7 Bde.; von Ruperti, Gött. 1807–1809, 7 Bde.; Bekker, Berl. 1829 f., 3 Bde.; Alschefski, ebd. 1841–46, 3 Bde. (von demselben Handausg., ebd. 1842 f., 4 Bde.); Weißenborn, Lpz. 1852–54, 3 Bde. (von demselben Handausg., ebd. 1850 f., 6 Bde.); deutsch von Grosse, Halle 1789–95, 7 Bde.; von Wagner, fortgesetzt von Westphal, Lemgo 1789–96, 6 Bde.; von Ostertag, Frankf. 1790–98, 10 Bde.; von Heusinger, Braunschw. 1821, 5 Bde.; von Örtel, Münch. 1822–33, 10 Bde.; von E. F. Klaiber, Stuttg. 1826–34,27 Bdchn.; von Ernesti, Ruckgeber (ebd. 1840, 8 Bde.), Örtel (3. Aufl., ebd. 1844, 8 Bde). Vgl. Lachmann, De fontibus historiarum Livii, Gött. 1822–28,2 Abth.; Söltl, L. in seiner Geschichte, Münch. 1832; Alschefski, Über die kritische Behandlung des L., Berl. 1839.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 444-445.
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