Socīnus

[236] Socīnus (Sozzini), 1) Lälius (Lelio), geb, 1525 in Siena, aus dem vornehmen Geschlechte der Sozzini; widmete sich Anfangs der Jurisprudenz u. studirte die Bibel, worin er eine feste Grundlage der Rechtswissenschaft zu finden hoffte u. dadurch auf religiöse Fragen geleitet wurde. In Venedig schloß er sich den evangelischen Kreisen an, bereiste seit 1547 die Schweiz, England u. Frankreich u. ließ sich 1549 in Zürich nieder, wo er mit Bullinger in lebhaften Gedankenaustausch trat, aber wegen seiner Zweifel an manchen Dogmen, namentlich an denen von der Auferstehung des Fleisches, von der strengen Prädestination, von der freien Gnade Gottes u. dem stellvertretenden Verdienste Christi etc., bes. auf Calvins Vorstellungen für einen Häretiker galt. 1550–51 machte er eine Reise nach Wittenberg u. Polen u. 1553 nach Italien u. obgleich er später zurückhaltender in der Äußerung seiner Ansichten wurde, ward doch sein Vermögen in Italien von der Inquisition mit Beschlag belegt, zu deren Wiedererhaltung er bis 1559 verschiedene Reisen nach Wien, Polen u. Italien machte; er st. 1562 in Zürich u. hinterließ seine Schriften seinem Neffen (s. den Folgenden). Er schr. u.a.: Dialogus inter Calvinum et Vaticanum; Mini Celsi Senensis de haereticis capitali supplicio non afficiendis: De sacramentis ad Tigurinos et Genevenses etc. Vgl. Illgen, Vita L. Socini, Lpz. 1814; Derselbe, Symbolae ad vitam et doctrinam L. Socini, ebd. 1826. 2) Faustus (Fausto), Neffe des Vor., geb. 1539 in Siena, widmete sich der Jurisprudenz, beschäftigte sich aber bald mit religiösen u. theologischen Fragen u. folgte ganz den Ansichten seines Oheims, mußte aber 1559, der Ketzerei verdächtig, Siena verlassen. Er lebte erst in Lyon, seit 1562 in Zürich, wo er seines Oheims Papiere studirte u. sich ganz in der von demselben eingeschlagenen Richtung befestigte. In demselben Jahre ging er wieder nach Italien u. lebte am Hofe des Großherzogs Franz von Medici zu Florenz in Ehren u. Ämtern, zugleich mit der Verbreitung seiner Lehren beschäftigt; 1574 verließ er Florenz u. wendete sich nach Basel, wo er sein System ausarbeitete. Auf den Ruf Blandrata's ging er 1578 nach Siebenbürgen, um mit Franz Davidis über die Anbetung Christi zu disputiren; da er aber gegen dessen ultraliberale Ansichten nichts ausrichten konnte, wendete er sich 1579 nach Krakau, wo er aber die erwartete Aufnahme nicht fand, indem die dortigen unitarischen Gemeinden (s. Unitarier) in manchen seiner Lehrsätze von ihm abwichen. Dennoch gründete er einige Gemeinden (s. Socinianer) u. st. nach vielen traurigen Erfahrungen 1604 in Luclawice bei Krakau. Er schr.: Explicatio primae partis primi cap. evangelii Joannis, 1562; De sacrae scripturae auctoritate; De Jesu Christo servatore; De statu primi hominis ante lapsum; De loco c. 7 epist. ad Romanos; Animadversiones in theses Coll. Posnaniensis; Disput. adversus Volanum Examinatio argumenti pro trino et uno Deo; Synopsis justificationis nostrae per Christum; De fide et operibus, quod attinet ad justificationem nostram; Responsio prior ad theses duas Franz. Davidis de non invocando Christo; Praelectiones theologicae; Catechismus etc. Seine Opera bilden den 1. u. 2. Bd. der Bibliotheca fratrum Polonorum; auch den Rakowschen Katechismus bearbeitete er.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 236.
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