Sticken

[819] Sticken, 1) auf einem Stoffe mittels der Nadel Fäden so ein- od. aufnähen, daß dadurch auf dem Stoffe allerlei Figuren od. Zeichnungen entstehen. Oft wird das Muster vorher vorgezeichnet, indem man es auf Papier verzeichnet, seine Umrisse mit einer stärkern od. schwächern Nadel durchsticht u. das Muster durch das Überstreichen des Papiers mit Zeichentinte, od. durch Durchpausen mittels Kohlenstaub (Durchstäuben) auf den Stoff überträgt. Man hat sehr verschiedene Arten des S-s: die Fäden liegen bald dicht neben einander, bald weiter von einander; das Muster wird bald platt, bald erhaben ausgeführt; im letztern Falle legt man Stückchen Papier od. Pergament unter; bei der Atlasstickerei sind die Stiche dicht u. laufen entlang der Figur, bei der französischen Stickerei quer über die Figur, wodurch diese höher hervortritt. Das S. mit weißem Baumwollengarn in weißen Zeugen wird an mehren Orten fabrikmäßig betrieben u. der Handel mit solchen Stickereien ist sehr bedeutend (vgl. Stickmaschine). Außerdem stickt man mit Zwirn, Seide, Wolle, Gold- u. Silberfäden, Haaren, Chenille, Perlen, Schmelz, Flittern etc. Sehr häufig stickt man mit buntem Garn auf Cannevas, meist nach besonderen Stickmustern. Angewendet wird das S. zum Zeichnen des Weißzeugs, der Wäsche, für Kleider u. Putzsachen, Militär-, Hof- u. Beamtenuniformen, kirchliche Paramente, Decken, Gardinen u. einer großen Zahl anderer Gebrauchs-, Prunk- od. Luxusgegenstände. Über das Weben gestickter Zeuge s. Musterweberei B). Die Kunst mit der Nadel zu sticken ist uralt u. soll von den Phrygiern erfunden (daher solche Kleider Phrygioniae hießen) worden sein u. wurde bes. in Babylon geübt. Im Orient trugen nur Könige u. andere vornehme Personen gestickte Kleider; in der Stiftshütte der Israeliten waren die Vorhänge u. des Hohenpriesters Gürtel gestickt (n. And. bunt gewirkt). Man stickte mit gefärbter Wolle; die Goldstickerei soll unter König Attalos von Pergamum, die Silberstickerei erst unter den griechischen Kaisern aufgekommen sein. Nach Rom kamen gestickte Vorhänge, Zimmerverzierungen u. Gewänder erst zur Kaiserzeit. Die Leute, welche sich damit beschäftigten, hießen Plumarii u. Polymitarii. 2) (Besticken), das Profil eines Dammes bestimmen; vgl. Besteck 6).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 819.
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