Villeroi

[592] Villeroi (spr. Wilroah), 1) Nicolas de Neufville, Seigneur de V., geb. 1542; erwarb sich früh die Gunst der Katharina von Medici u. war nach einander Minister Karls IX., Heinrichs III u. IV. u. Ludwigs XIII.; erst. 1617 zu Rouen während einer Reise, auf welcher er den König begleitete. Von ihm sind: Mémoires d'état, servant à l'histoire de notre temps, depuis 1567–1606, Par. 1622, u. mit Fortsetzung bis 1620, Par. 1634. 2) Nicolas de Neufville, Marquis u. später Herzog von V., Enkel des Vorigen, geb. 1597; er hatte früher in Militärdiensten gestanden u. in Italien, Catalonien u. Lothringen gute Dienste geleistet, worauf er 1646 Marschall von Frankreich u. Gouverneur Ludwigs XIV. wurde. Er wurde 1661 Chef des Finanzraths, 1663 Herzog u. Pair des Reiches u. st. 28. Nov. 1685. 3) François de Neufville, Herzog von V., Sohn des Vorigen, geb. 1643 u. mit Ludwig XIV. erzogen. Schon jung wurde er wegen Übeln Betragens u. Kabalen vom Hofe nach Lyon verwiesen; aber als er die Erlaubniß zur Rückkehr erhielt, kam er auch bald wieder bei dem Könige in Gunst. 1693 focht er in der Schlacht bei Neerwinden u. wurde 1694 Marschall u. übernahm den Oberbefehl in den Niederlanden, wo er viele Fehler beging, dafür aber, als er nach dem Friedensschluß zu Ryswijk, 1696, an den Hof zurückkehrte, reichlichen Spott erntete. Gleichwohl übertrug ihm Ludwig XIV. im Spanischen Erbfolgekriege mehrmals den Oberbefehl über seine Armee; so 1701 in Italien, wo er den unklugen Angriff auf Chiari unternahm (1. Sept. 1701) u. sich am 1. Febr. 1702 in Cremona überfallen u. fast gefangen nehmen ließ; 1705 u. 1706 erhielt er wieder in den Niederlanden den Oberbefehl, wurde aber von Marlborough bei Ramillies geschlagen u. der größte Theil der Niederlande von den Alliirten erobert. Der König rief ihn vom Commando ab, ohne ihm aber seine Gunst zu entziehen. Auf den Antrieb der Maintenon wurde er von Ludwig XIV. zum Gouverneur Ludwigs XV bestimmt u. erhielt in der Regentschaft Sitz u. Stimme. Obgleich er sich für den Herzog von Maine, Ludwigs XIV. natürlichen Sohn, u. gegen den Regenten, den Herzog von Orleans, erklärte, so ließ ihn dieser doch noch bei der Person Ludwigs XV., bis der von ihm beleidigte Cardinal Dubois auf seine Entfernung drang; nach einem von dem Regenten herbeigeführten Auftritt, in welchem V. demselben eine Unterredung mit dem König ohne Zeugen verweigerte (12. Aug. 1722), ließ ihn der Regent verhaften u. in sein Gouvernement nach Lyon schaffen. Nach Ludwigs XV. Volljährigkeit erschien er wieder in Paris u. st. dort 19. Juli 1730.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 592.
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