Feldbahnen für militärische Zwecke

[54] Feldbahnen für militärische Zwecke sind für den Gebrauch der Truppen im Felde von diesen selbst hergestellte, fast stets schmalspurige Bahnen, die sich durch die Flüchtigkeit ihrer Herstellung und die Leichtigkeit ihres Unter- und Oberbaues und infolgedessen durch ihre Beweglichkeit auszeichnen. Unter F. im engeren Sinne versteht man heute meist die F. mit Lokomotivbetrieb der Eisenbahntruppen (s.d.), während im weiteren Sinne auch Bahnen mit Pferdebetrieb und die Förderbahnen der Belagerungsartillerie zu den F. gehören. Zu unterscheiden sind die ganz flüchtigen F. im Bereich der kämpfenden Truppe, auf denen ohne Fahrplan je nach Bedarf Züge mit Munition, Lebensmitteln u. dgl. verkehren, und die für längeren, geregelten Betrieb bestimmten F. im Etappengebiet. Beim Übergang zu einem Stellungskrieg kann es vorkommen, daß Bahnen der ersteren in solche der letzteren Art umgewandelt werden. Außer technischen Truppen kommen für den Bau namentlich Infanterie und der Bevölkerung entnommene Arbeitskräfte in Frage. Auf einen einheitlichen Oberbau ist besonderer Wert zu legen. Für die Bauweise, namentlich für den Oberbau, waren die in der Landwirtschaft und im Gewerbe üblichen Förder- und Feldbahnen (s.d.) vorbildlich. Der Gedanke, sich für den Kriegsbedarf auf die Vorräte zu verlassen, die für diese Zwecke im Lande vorhanden sind, erwies sich als nicht durchführbar, weil die Bauteile zu ungleichartig sind. Alle Militärstaaten halten daher heute Vorräte an Feldbahngerät bereit. Hauptbedingung für dieses ist die größte mögliche Einfachheit. Die F. werden entweder hergestellt, um einen schnelleren Ersatz für zerstörte Eisenbahnen zu schaffen, als es durch deren Wiederherstellung möglich wäre, oder als Ergänzung des Eisenbahnnetzes, um auf dem Kriegsschauplatze, wo feste Wege fehlen, schnell erhebliche Mengen an Verpflegungsmitteln und anderen Heeresbedürfnissen heranführen zu können, zuweilen auch zur Abförderung von Kranken und Verwundeten, endlich im Festungskrieg, sowohl auf Seite des Angreifers als auch des Verteidigers, namentlich um die Belagerungsgeräte, insbesondere die Munition für die schweren Geschütze schnell verteilen zu können.

Der Nachteil der geringen Leistungsfähigkeit der F. wird durch die Möglichkeit, sich den wechselnden Bedürfnissen des Heeres und dem Gelände schnell anpassen zu können, ausgeglichen. 7–10 F.-Züge leisten soviel wie 1 Vollbahnzug, brauchen aber dabei etwa 5mal soviel Mannschaften zu ihrer Bedienung. Lokomotivbetrieb ist natürlich leistungsfähiger als Pferdebetrieb, erfordert aber beim Bau der F. größere Sorgfalt, dafür entfällt die Herstellung eines Hufschlags. Beim Lokomotivbetrieb kann mit einer Höchstgeschwindigkeit von 15 km/Stunde gerechnet werden, bei Pferdebetrieb ist sie erheblich geringer. Mit 15 Zügen täglich dürfte die Leistungsfähigkeit einer Lokomotiv-F. erschöpft sein; sie kann dabei 500–700 t befördern und den Verpflegungsbedarf für 3–5 Korps (zu 2 Infanteriedivisionen mit 1–2 Kavalleriedivisionen) decken. Umfangreiche Truppenbeförderungen dürften auf F. kaum möglich sein, Verwundetentransporte mit F. sind schon wiederholt vorgekommen. Pferdebetrieb erfordert eine sehr große Zahl von Pferden (für 100 km gegen 6000) und ist daher nur in pferdereichen Ländern möglich. Bei Lokomotivbetrieb müssen die Schienen verlascht werden, bei Pferdebetrieb genügt es, sie miteinander zu verhaken.

Auf einer militärisch wichtigen Hauptstrecke sollten nie F. angelegt werden. Dies etwa in der Absicht zu tun, später die F. zu einer Vollbahn auszubauen, würde nur Vergeudung an Zeit, Baustoffen und Arbeitskräften bedeuten und dadurch den Bau der Vollbahn verzögern. Dadurch würde der Vorteil der[54] schleunigen Herstellung einer Verbindung wieder aufgewogen werden.

Es wurde wiederholt vorgeschlagen, auch Drahtseilbahnen als F. zu verwenden. Für den russisch-japanischen Krieg war ein solches F.-Gerät sogar fertiggestellt, kam jedoch zu spät, als daß es noch hätte verwendet werden können.

Bei der Linienführung ist man bei F. weit besser in der Lage, sich dem Gelände anpassen zu können als bei Vollbahnen. Abgesehen von der Anwendung kleinerer Halbmesser ist dabei im übrigen von ähnlichen Gesichtspunkten auszugehen wie beim Bau von Vollbahnen. Besondere Vorteile bieten F. gegenüber Vollbahnen da, wo Brückenbauten vorkommen, weil diese wegen der geringeren Achslasten (3 t) wesentlich einfacher sind. Es ist zwar möglich und kann unter Umständen sogar zweckmäßig sein, die F. auf die Straße zu legen, doch sind die Etappenstraßen häufig an sich schon überlastet und daher von F. besser frei zu halten. Steigungen über 1 : 40 sollten vermieden werden, doch können solche von 1 : 13 auf kurze Strecken noch überwunden werden. Steile Neigungen, die zum Teilen der Züge, zum Gebrauch von Vorspann- und Schiebelokomotiven zwingen, erschweren den Betrieb erheblich und setzen die Leistungsfähigkeit herab. In etwa 5 km Entfernung sind Ausweichstellen, in etwa 15 km Entfernung Wasser- und Kohlenstationen anzulegen. Die Ausweichstellen werden zweckmäßig als Zugmeldestellen (s.d.) eingerichtet. Zweigleisige F. sind der Natur der Sache nach Ausnahmen.

Bei mittleren Geländeverhältnissen können 2–3 Baukompagnien täglich etwa 10 km F. herstellen. Für größere Brücken bedarf es weiterer, wenn möglich besonders geschulter Arbeitskräfte. F. für Pferdebetrieb sind erheblich schneller zu bauen als solche für Lokomotivbetrieb. Die Erwartung, daß man mit der F. der vorrückenden Truppe im gleichen Zeitmaß werde folgen können, hat sich nicht erfüllt. Ehe eine F. von 100 km Länge für den wirklichen Nutzbetrieb eröffnet werden kann, vergehen immerhin 3 Wochen. Auf kürzere Längen ist der Bau von F. kaum lohnend. Im Bewegungskrieg kommen daher F. weniger in Frage, dagegen sind sie wichtig im Stellungskrieg, vor Festungen u.s.w. In Kolonialkriegen und in Ländern mit unentwickelten Eisenbahnen sind sie sogar unentbehrlich. (Frankreich steht z.B. auf dem Standpunkt, daß für einen Krieg in Deutschland wegen des dichten Eisenbahnnetzes F. nicht nötig sind.) Wenn auch F. nach einem feindlichen Angriff infolge ihrer leichten Herstellung mit geringer Mühe wieder in Stand gesetzt werden können, so dürfen sie doch nicht ohne Bedeckung gelassen werden: ein ausgedehntes F.-Netz verbraucht daher außer zum Bau und Betrieb erhebliche Truppenmengen. Für den Abbruch einer F. angesichts des nachdrängenden Gegners ist unten ein Beispiel aus dem russisch-japanischen Kriege angeführt.

Von besonderer Bedeutung sowohl für den Bau als auch für den Betrieb einer F. ist der Anfangsbahnhof, der meist auch der Übergangsbahnhof von der Vollbahn zur F. ist. Ehe hier nicht alle Vorkehrungen für den regelmäßigen Nachschub von Baustoffen und Betriebsmitteln getroffen sind, sollte mit dem Bau nicht begonnen werden. Große Erleichterung beim Bau bringt eine Fernsprechleitung entlang der F. mit sich, bei einigermaßen starkem Betriebe ist sie geradezu unerläßlich. Der Betrieb wird ähnlich wie auf Vollbahnen geregelt (s. Kriegsbetrieb); für je etwa 45 km Bahnlänge ist eine Betriebsabteilung zu zwei Kompagnien zu rechnen. Die F. kann entweder so betrieben werden, daß die Züge nach beiden Richtungen regelmäßig abwechseln (einfacher Kreuzungsbetrieb) oder daß je zwei Züge in jeder Richtung hintereinander her fahren, endlich auch so, daß eine ganze Anzahl von beladenen Zügen nach vorn verkehren, ohne daß auf die zurückkehrenden leeren Betriebsmittel gewartet wird (Gruppenbetrieb); letztere Betriebsart empfiehlt sich z.B. nach Stockungen, wenn schnell große Massen von Verpflegsgütern nach vorn geworfen werden sollen. Da hierzu aber große Mengen von Betriebsmitteln nötig sind, kann ein solcher Betrieb nur kurze Zeit aufrechterhalten werden. Mit der Möglichkeit, auf einer F. regelmäßig und dauernd Nachtbetrieb durchführen zu können, darf nicht mit Sicherheit gerechnet werden. Fast alle Militärstaaten veranstalten von Zeit zu Zeit größere Übungen im Bau und Betrieb von F.

Mit der zunehmenden Bedeutung der Kraftlastwagen für die Verpflegung der Heere im Felde wird die Verwendung der F. zu diesem Zwecke abnehmen, doch vermögen die Kraftlastwagen die F. nicht ganz zu ersetzen, ebensowenig wie letztere auf größere Entfernungen mit den Vollbahnen in Wettbewerb treten können.

Deutschland. Die Schwierigkeiten, die im deutsch-französischen Kriege im Etappenwesen auftraten, haben deutlich gezeigt, wie sehr dem deutschen Heere damals F. fehlten. Trotzdem dauerte es noch bis zum Jahre[55] 1891, ehe nach längeren Versuchen ein F.-Gerät für 60 cm Spur eingeführt wurde. Die Schienen von 5 m Länge sind mit den 1∙20 m langen Schwellen (8 Stück auf die Schienenlänge) zu festen Rahmen (Jochen) verbunden, an denen auch die Laschen angebracht sind. Ein solcher Gleisrahmen wiegt 190 kg. Bei der neuesten Bauart, die etwas anders entworfen ist, ist das Gewicht auf 210 kg gesteigert, so daß auch dieser Rahmen von 8 Mann getragen werden kann. Für Krümmungen von 30 und 60 m Halbmesser werden besondere Kurvenrahmen mitgeführt. Für Krümmungen größeren Halbmessers werden die Schienen mit der Schultzschen Biegevorrichtung gebogen, deren Handhabung bei der Ausbildung der Eisenbahntruppen einen breiten Raum einnimmt. Eine Einheit, die den Oberbau für 10 km Gleis enthält, füllt 2 Vollbahnzüge. Die Weichen (Herzstückneigung 1 : 5, Halbmesser 30 m) sind 10 m lang. Die F.-Wagen sind zweiachsig; bei Beförderung der Gleisteile wurde früher auf den Unterwagen ein eiserner Aufsatzrahmen aufgesetzt, bei anderen Lasten ein hölzerner Kastenaufsatz von 5∙8 m3 Inhalt und 5 t Tragfähigkeit. Zur Beförderung schwerer Lasten wurden je 2 Untergestelle durch eine Brücke verbunden. Neuerdings werden nur gekuppelte zweiräderige Unterwagen mit aufgesetztem Rahmen verwendet. Die F.-Lokomotive ist eine Zwillingstenderlokomotive aus 2 gelenkig miteinander verbundenen Teilen mit dem Führerstande in der Mitte; alle 3 Achsen jeder Lokomotivhälfte sind gekuppelt, wodurch ein hohes Reibungsgewicht erreicht wird. Trotzdem sind die beiden Hälften nicht zu schwer, so daß sie bei Entgleisungen, mit deren Vorkommen bei F. stets gerechnet werden muß, leicht wieder eingegleist werden können. Der Wasser-(3 m3) und Kohlenvorrat (1 t) reicht für 15–30 km. Neuerdings ist auch eine 4/4 gekuppelte Tenderlokomotive mit Überhitzung (Dienstgewicht 12 t mit 5 m3 Wasser und 1∙5 t Kohlen) eingeführt worden. Diese Lokomotiven können 60–70 t (9–10 Wagen) mit 15 km Stundengeschwindigkeit ziehen.

In Österreich wurde 1887 mit der Erprobung von F. begonnen. Die Schienen waren anfangs 4∙2 m lang und mit den Holzquerschwellen durch Hakenschrauben zu Jochen verbunden. Da aber der Oberbau bei dieser Schienenlänge sich dem Gelände nicht genügend anpassen konnte, wurde nach langjährigen Versuchen mit Gleisen für Wald- und Industriebahnen (mit einem Oberbau der Bauart Dollberg [Prager Maschinenbau-Aktiengesellschaft]) eine Spurweite von 70 cm gewählt. Die 1∙5 m langen Schienen sind an einem Ende auf einer Holzschwelle gelagert, am anderen Ende durch eine Spurstange verbunden. Die Schienenenden werden durch Haken und Stifte aneinander angeschlossen, so daß eine Art Gelenkkette entsteht, die sich dem Untergrund anschmiegt. Die Kürze der Gleisrahmen hat den Vorteil, daß zum Tragen nur ein Mann nötig ist. Im Kriege wird jedem Heere ein F.-Park zugeteilt. Eine Abteilung kann 30 km F. mit 7 Bahnhöfen bauen. Als Betriebsmittel sind Doppelwagen vorhanden, d. s. Wagen mit je 2 Untergestellen, auf die die Plattform gelenkig aufgesetzt ist. Zum Betriebe dienten zunächst Pferde, doch ging man später teilweise zum Lokomotivbetrieb über. Hierzu mußte der Oberbau verstärkt werden. Die Wagen der Pferde-F. wurden auch beim Lokomotivbetrieb weiter verwendet. Die Lokomotiven haben 4 gekuppelte Achsen und sind mit Schlepptender ausgerüstet.

In Frankreich hat die F. (Bauart Décauville) 60 cm Spur. Die Gleisrahmen sind 5 m lang. Die Wagen ähneln den deutschen. Die Lokomotive sieht mit ihren 2 Schornsteinen, wie eine Zwillingsmaschine aus, ist aber tatsächlich eine einfache Maschine mit 1 Kessel und 2 Feuerkisten. Die Achsen sind in zwei zweiachsigen Drehgestellen gelagert. Eine Anzahl französische Festungen besitzen dauernd F.-Netze, die auch im Frieden betrieben werden. Es können auf ihnen Plattformwagen mit Geschützen verkehren, die vom Wagen aus feuern können. Sie werden mit Lokomotiven betrieben. Die französische Regierung genehmigt neuerdings nur noch Schmalspurbahnen von 60 cm Spur, damit im Kriegsfalle deren Betriebsmittel für F. verwendet werden können.

Italien besitzt ein F.-Gerät für 60 cm Spur, ähnlich dem der französischen Bauart.

Rußland besitzt F. mit 60 cm Spur und Förderbahnen mit 70 cm Spur, die teils mit Pferden, teils mit Lokomotiven betrieben werden. Die Bauart ähnelt der deutschen. Die Gleisrahmen der Förderbahnen, die im russisch-japanischen Kriege eine wichtige Rolle gespielt haben (s.u.), sind 2∙5 m, 1∙5 m und 0∙75 m lang. Ihrer Einführung sind langjährige Versuche auf dem Übungsplatz Lublin, die im Jahre 1896 begonnen wurden, vorausgegangen. Die Glieder werden durch Verhaken miteinander verbunden. Die Tragfähigkeit der Wagen schwankt zwischen 1 und 2 t. Sie bestehen aus 2 zweiachsigen Unterwagen mit einer über diese gelegten Brücke von 4 m Länge. Zu einem F.-Park von 100 Werst[56] (107 km) Baulänge gehören 60 Lokomotiven, 320 Wagen oder 180 Wagen und 6200 Pferde.

Auch England fördert den Bau von F. An der Nordwestgrenze von Indien werden z.B. große Mengen von Oberbauteilen und Betriebsmitteln für einen etwaigen Feldzug in Afghanistan bereitgehalten.


Geschichtliches. Die Russen bauten 1880 im Kriege gegen die Teke-Turkmenen zur Sicherstellung der Verpflegung der Skobeleffschen Unternehmung eine F. vom Hafen Michailowsk am Kaspisee bis Kisil-Arwat (166 km) nach der Bauart Décauville in 50 cm Spur. Sie wurde später auf Vollspur umgebaut und beim Bau der Transkaspibahn zur Anfuhr der Baustoffe benutzt. Die F. erwies sich als sehr nützlich, da sie auch zur Heranschaffung des Trinkwassers für die Truppen verwendet wurde. Ein Pferd konnte auf der F. an einem Tage 800 bis 1000 kg 40 km weit ziehen. Zum Betriebe waren 500 Wagen und zwei Lokomotiven, sonst Pferde vorhanden.

1883 bauten die Franzosen beim Feldzuge in Tunis eine F. mit 60 cm Spur von 65 km Länge von Sousse nach Kairouan zum Nachschub der Verpflegung. Sie wurde mit gutem Erfolg auch zur Beförderung von Verwundeten herangezogen und tat dabei so gute Dienste, daß viele Verwundete ihr Leben nur der F. verdanken. Die F. wurde zunächst mit Pferden betrieben; später wurde sie für den öffentlichen und Güterverkehr eingerichtet. Trotz steiler Neigungen konnte ein Pferd 12 bis 17mal so viel leisten als vor gewöhnlichen Wagen.

In Tonkin legten die Franzosen 1884 eine 100 km lange F. von gleicher Spurweite an.

1887 bis 1889 bauten die Italiener bei der Besetzung von Massauah 36 km F. von 60 cm Spur in einer der Décauvilleschen ähnlichen Bauart.

Holland hat bei Unterdrückung der Aufstände in Sumatra mit gutem Erfolg F. von 50 cm Spur gebaut.

Die Engländer haben namentlich in Indien umfangreiche F. verlegt, so insbesondere die 212 km lange F. von Indus durch die Sibiwüste nach dem Bolanpaß in dem Feldzuge gegen Afghanistan. Der Oberbau zeigte die Bauart Décauville; die Lokomotiven wurden in 62 Teile zerlegt angeliefert, deren Größe so bemessen war, daß der schwerste (1∙8 t) gerade noch von einem Elefanten getragen werden konnte.

Deutschland hat Gelegenheit gehabt, sein Feldbahngerät in China und Afrika zu erproben. In China wurde der Kohlenbahnhof Tientsin mit dem 4 km entfernten Proviantamt durch eine F. verbunden, in deren Zug auch eine 20 m lange Brücke fiel. Die F. wurde bis zum Eintreffen der Lokomotiven mit Pferden betrieben. Ferner wurden vom Bahnhof Peitaiho nach dem Sommerlager (7 km) und vom Bahnhof Kaiping nach dem Militärlager (5 km) F. gebaut. Hierbei kamen Steigungen bis 1 : 18 vor und waren umfangreiche Erdarbeiten und Felssprengungen nötig. Besondere Sorgfalt erforderte der Schutz der Bahnanlagen gegen Regengüsse. Der Oberbau und die Betriebsmittel mußten aus Shanghai herangeschafft und beim Transport zerlegt werden. Die F. in Kaiping hatte nur ein Bataillon Infanterie zu versorgen, die in Peitaiho dagegen eine Truppe von 4000 Mann, ein Proviantamt und ein Genesungsheim. Auf ihr entwickelte sich ein so starker Verkehr, daß sie ihn mit ihren kurzen Zügen (mit 3, später 4 Wagen), trotzdem deren Zahl 18 bis 22 am Tage betrug, kaum bewältigen konnte; an manchen Tagen war die Ladung von 26 Vollbahnwagen von 20 t Tragfähigkeit zu befördern. Endlich wurde auch vom Bahnhof Shanhaikwan nach dem Lager am Strande eine 5 km lange F. gebaut, bei der eine 20 m lange Brücke herzustellen war.

In Deutsch-Südwestafrika wurde 1897 die Bahn Swakopmund-Jakalswater, der erste Teil der Strecke Swakopmund-Windhuk, ursprünglich mit Feldbahngerät von 60 cm Spur hergestellt. Sie war während der großen Viehsterbe 1896 als Notbahn geplant, um die Durchquerung der Namib zu erleichtern. Für die Ausführung als F. sprach einerseits der Umstand, daß zum sofortigen Bau genügende Bestände an Feldbahngeräten für die 80 km lange Strecke vorhanden waren, und daß anderseits wegen fehlender Ladeeinrichtungen schwerere Betriebsmittel in Swakopmund nicht entladen werden konnten. Die F. erfüllte ihren Zweck. Bei 12 km/St. Fahrgeschwindigkeit konnten bis 16 Züge täglich in jeder Richtung verkehren. Die Leistungsfähigkeit war nicht durch die Betriebseinrichtungen beschränkt, sondern durch die Schwierigkeit, Lokomotivspeisewasser in genügender Menge zu beschaffen. 1902 wurde die Bahn der Zivilverwaltung übergeben, ging jedoch 1904 bei Beginn des Hererofeldzuges wieder in militärische Hände über. Sie war an mehreren Stellen vom Feinde zerstört worden und mußte von den Eisenbahntruppen wieder hergestellt werden. Sie hat, ebenso wie die sonstigen Eisenbahnstrecken Deutsch-Südwestafrikas, große strategische Bedeutung erlangt. Die Bahn Lüderitzbucht Kubub hat zwar von Anfang an 1∙067 m Spurweite gehabt, ist also keine eigentliche F., aber zum Teil kriegsmäßig gebaut worden und je nach dem Vorrücken des Baues kriegsmäßig betrieben worden.

Im russisch-japanischen Kriege 1904/05 verbanden die Russen ihre weit ausgedehnten Stellungen durch F. miteinander. Es wurden 5 Netze gebaut: bei Liaojang galt es, 3 Linien herzustellen. Die erste vom Hauptbahnhof in der Richtung auf Fönghuangtschöng, kam nicht über 22∙5 km Unterbau und 2 km Oberbau hinaus. Die zweite, die die Stellungen nordöstlich Liaojang mit der Eisenbahn verbinden sollte, wurde auf 15 km Länge mit einer Zweigstrecke nach einer schweren Batterie auf einer Paßhöhe hergestellt. Sie wurde mit Pferden betrieben und auch zur Beförderung von Verwundeten benutzt. Beim Vordringen der Japaner mußte ein Teil des Feldbahngeräts ihnen preisgegeben werden. Die dritte Strecke führte von Liaojang nach Süden in die Hauptkampfstellung. Sie wurde in 21/2 Tagen in 9 km Länge betriebsfähig hergestellt, kam aber nicht zum Betriebe; sie mußte vielmehr sofort nach der Herstellung wieder aufgenommen werden. Bei Mukden wurde zunächst eine F. vom Ende der Fuschung-Kohlenbahn nach Kaolinszy vorgestreckt; sie erreichte eine Länge von 62 km. Die Arbeiten wurden durch Frost und durch die zahlreichen Wasserläufe, die zu überwinden waren, sehr erschwert. Da die Abteilung Rennenkampf, für die die F. bestimmt war, nur eine geringe Stärke besaß, wurde ihre Leistungsfähigkeit nicht voll ausgenutzt. Verwundete wurden öfter befördert, einmal wurden zwei Schützenkompagnien in die Gefechtsstellung gefahren. Beim Rückzug der Abteilung Rennenkampf wurde die F. zum Teil im feindlichen Feuer aufgenommen. Die günstigen Erfahrungen mit dieser F. veranlaßten den Bau einer zweiten, von der Fuschung-Kohlenbahn ausgehenden Strecke für die 1. Armee, die 21 km Länge erreichte und[57] von der außerdem noch 7∙5 km Zweiggleise nach Magazinen und Lazaretten führten. Auf dem rechten Flügel der Stellung vor Mukden wurden F. zum Teil über das Eis der Flüsse verlegt. Sie besaßen eine Länge von 86 km; ihr Bau dauerte 25 Tage. Sie waren zum großen Teil mit Fernsprechern ausgerüstet. Später kam noch eine in 4 Tagen erbaute Strecke von 16 km Länge nach Mukden hinzu. Der Abbruch gelang nur zum kleinen Teil. Nur durch die F. war es möglich, beim Rückzug die schweren Geschütze zu retten.

Bei Ssipinghai wurden F. von 100 und 200 km Länge geplant, aber aus Mangel an Gerät nicht ausgeführt. Zur Verbindung der 1. Armee mit der chinesischen Ostbahn wurde die 49 km lange Strecke Guntschuling-Cherssu gebaut, die so gut ausgeführt wurde, daß trotz starken Verkehrs keine einzige Störung vorkam. Zur Vorbereitung des angriffsweisen Vorgehens wurde diese Strecke noch um 31 km im Unter- und 13 km im Oberbau verlängert. Auf der Hauptstrecke wurde teilweise ein in der Linienführung vom ersten abweichendes zweites Gleis hergestellt. Die ganze F. wurde friedensmäßig abgebrochen. Für die 2. und 3. Armee wurden außerdem F. von 35∙5 und 46 km Länge mit 7∙5 km Ausweiche- und Ausziehgleisen gebaut; bei ihnen war auch eine Anzahl größere Brückenbauten auszuführen. Die Fahrgeschwindigkeit all dieser Strecken, die Pferdebetrieb hatten, war sehr gering, sie betrug nur 3 bis 14 km/Std.

Die Schmalspurbahn der Engländer im Sudan, die zum Teil den Nil begleitet, zum Teil seine Krümmungen abschneidet, gehört nicht mehr zu den F. im eigentlichen Sinne, ebenso wenig die Schmalspurbahn, die die Österreicher bei der Besetzung von Bosnien 1878 im Bosnatal in 76 cm Spur anlegten.


Literatur: S. Eisenbahntruppen; ferner Militärwochenblatt, Kriegstechnische Zeitschrift, v. Löbells Jahresberichte, Boethke, Verkehrstruppen in Südwestafrika, Beiheft 2, 1906, zum Militärwochenblatt.

Wernekke.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 54-58.
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