Kaiserin-Elisabeth-Bahn

[316] Kaiserin-Elisabeth-Bahn, 1856 gegründete Privateisenbahngesellschaft mit der Hauptlinie von Wien über Linz nach Salzburg, seit 1882 ein Bestandteil des österreichischen Staatseisenbahnnetzes.

Die österreichische Regierung hatte sich durch den mit Bayern abgeschlossenen Staatsvertrag vom 21. Juni 1851 verpflichtet, im Anschluß an die bayerischen Bahnen eine Linie von der Grenze bei Salzburg bis Bruck an der Mur und eine zweite (später bis Wien zu verlängernde) Bahn von der Grenze bei Passau bis Linz herzustellen. Die Vorarbeiten für die Bahnlinie Salzburg-Bruck ergaben, daß die Ausführung dieser Linie mit unverhältnismäßigen Kosten und Schwierigkeiten verbunden wäre, weshalb mit der bayerischen Regierung ein zweiter Staatsvertrag vom 21. April 1856 abgeschlossen wurde, durch den die österreichische Regierung von der Herstellung der Bahn von Salzburg nach Bruck entbunden, dagegen verpflichtet wurde, eine direkte Bahn von Salzburg nach Wien innerhalb fünf Jahren und eine Zweigbahn von Passau nach Linz längstens binnen sieben Jahren herstellen zu lassen.[316]

Die österreichische Regierung verlieh unter dem 8. März 1856 die Konzession für diese Linien.

In der Konzession wurde eine Privilegiumsdauer von 90 Jahren und die staatliche Gewährleistung einer jährlichen Annuität von 52/10% zur 5% igen Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals ausgesprochen.

Mit dem Bau wurde Ende Juli 1856 begonnen.

1857 wurde zwischen der K. einerseits und der Ersten österreichischen Eisenbahngesellschaft der Vertrag unterzeichnet, wonach das Privilegium vom 7. September 1824 und jenes vom 18. Juni 1832 für die Linz-Lambach-Gmundener Bahn an die K. übergingen. Beide Bahnen wurden ursprünglich nur mit Pferden befahren.

Am 12. August 1860 fand die Eröffnung der ganzen Linie von Wien nach Salzburg und München statt. Am 1. September 1861 erfolgte die Eröffnung des Flügels Wels-Passau; hiermit waren die konzessionierten Linien ausgebaut.

Auf Grund des Ges. vom 23. Mai 1869 über den Umbau der Linz-Budweiser Pferdebahn in eine Lokomotivbahn und Herstellung des Flügels Wartberg-St. Valentin wurde ein Übereinkommen der Gesellschaft mit der Regierung getroffen, nach dem die K. sich verpflichtete, die Umgestaltung der Linz-Budweiser Pferdebahn in eine Lokomotiveisenbahn nebst einer Zweigbahn von Wartberg nach St. Valentin vereinbarungsgemäß gegen Zinsgarantie herzustellen. Die Eröffnung erfolgte 1871–1873.

1870 erwarb die K. die Neumarkt-Ried-Braunauer Bahn.

Eine ansehnliche Erweiterung ihres Betriebsgebietes hat die K. durch die pachtweise Übernahme des Betriebes auf der 1871 eröffneten Salzburg-Halleiner Bahn erzielt.

Mit der 1872 erfolgten Erwerbung der Konzession der Salzburg-Tiroler Linie (Ges. vom 10. April 1872) übernahm die K. eine neue große Aufgabe.

Die Bauarbeiten auf der Salzburg-Tiroler Linie wurden im Frühjahr 1873 in Angriff genommen. Eröffnet wurden die Strecken Hallein-Wörgl und Bischofshofen-Selzthal am 6. August 1875. Zugleich wurde die Salzburg-Halleiner Bahn, die die K. bis zur Eröffnung der Salzburg-Tiroler Bahn für Rechnung ihres früheren Besitzers betrieben hatte, ins Eigentum übernommen.

Damit war das Netz der K. vollständig ausgebaut.

Das gesamte Betriebsgebiet der K. hatte 1880 eine Ausdehnung von 979∙73 km.

Seit dem Jahre 1874 hatte die K., ebenso wie andere österreichische Bahnen, deren Prioritätsobligationen auch auf Thaler lauteten, infolge der vom deutschen Gericht ausgesprochenen Verpflichtung der schuldnerischen Bahnen, auf den deutschen Zahlstellen Zinsen und Kapital nach dem Verhältnis 1 Thaler = 3 M. in Markwährung zu bezahlen, schwer zu leiden. Die K. war nicht in der Lage, das Geldagio auf sich zu nehmen, infolgedessen wurden zahllose Prozesse von deutschen Prioritätenbesitzern eingeleitet, in denen auch häufig Pfändungen von Fahrbetriebsmitteln und Guthaben der K. auf deutschem Boden vorkamen. 1880 schloß die Gesellschaft, um diesen Prozessen ein Ende zu machen, mit dem in Österreich aufgestellten Kurator der Prioritätenbesitzer einen Vergleich, dessen Rechtsgültigkeit in Deutschland nicht anerkannt wurde. Der Währungsstreit der K. wurde erst durch die 1883 durchgeführte Konvertierung der Prioritätsanlehen in Goldwährung aus der Welt geschafft.

Die Einnahmen der alten Linien der K. reichten bis 1866 nicht aus, um die garantierten 5% igen Zinsen und die Tilgung zu bestreiten. 1863 verzinste sich das Anlagekapital mit 2∙77%, 1865 mit 3∙5%, 1866 mit 4∙61%, 1867 stieg die Verzinsung auf 6∙2%, 1868 auf 7∙75%. In den Jahren 1869–1871 gelangten ebenfalls Superdividenden zur Verteilung. Seither mußte jedoch trotz des günstigen und in Jahren großer Getreideausfuhr sogar glänzenden Erträgnisses der alten Linien wieder die Staatsgarantie in Anspruch genommen werden, nachdem die jüngeren Linien, vor allem die Tiroler Bahn, nicht genügenden Ertrag abgaben, und wurden in der Folge stets nur 5% Aktienzinsen bezahlt.

Seitdem die Kronprinz-Rudolf-Bahn in den Betrieb des Staates übergegangen und der Bau der Arlbergbahn auf Staatskosten beschlossene Sache war, hatte die Regierung den Plan gefaßt, diese wichtigen Schienenstraßen durch eine oder mehrere, bloß dem Einfluß der Staatsverwaltung zugängliche Linien sowohl untereinander als auch mit der Hauptstadt des Reiches in Verbindung zu bringen und dabei ihr Augenmerk zunächst auf die Verstaatlichung der K. gerichtet.

Den Betrieb der K. und ihrer Nebengeschäfte übernahm der Staat auf Grund des Übereinkommens vom 24. Dezember 1880 ab 1. Januar 1882 für eigene Rechnung. Nach den an diesem Übereinkommen festgesetzten Einlösungsbedingungen überreichte der Staat[317] die Prioritätsanleihen als Selbstschuldner und verpflichtete sich, die Aktien in staatliche, mit 5% in Gold verzinsliche, binnen 85 Jahren rückzahlbare und hinter den Prioritätsanleihen pfandrechtlich sichergestellte Eisenbahnschuldverschreibungen im Gesamtnennwert von 59,000.000 fl. ö. W. in Gold umzutauschen.

Nachdem 1883 die Prioritäten in 4% ige Goldprioritäten umgewandelt waren, wurde die K. mit Kundmachung des Handelsministeriums vom 24. Juni 1884 als vom Staat eingelöst erklärt, und am 4. Dezember desselben Jahres trat die Gesellschaft in Liquidation. 1886 erfolgte der Umtausch der gesellschaftlichen Aktien in staatliche Schuldverschreibungen. Am 21. Dezember 1887 erfolgte die Beendigung der Liquidation und die Löschung der Firma. Das Gesellschaftskapital umfaßte insgesamt 331 Mill. K. Das verwendete Anlagekapital betrug 347 Mill. K (s. Österr. Staatsbahnen).

Röll.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 6. Berlin, Wien 1914, S. 316-318.
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