Alfieri

Alfieri

[50] Alfiēri (Victor), der ausgezeichnetste unter den ital. Trauerspieldichtern, geb. zu Asti in Piemont 1749, ward als der Sohn reicher und vornehmer Ältern sehr nachlässig erzogen, verließ die Militairakademie zu Turin ebenso unwissend als er hingekommen war, und nahm sodann eine Offizierstelle bei der Landmiliz an.

Als solcher durchreiste er Italien, Frankreich, England und Holland, manchen Ausschweifungen sich hingebend, bis ein Liebesverhältniß ihn 1773 der Heimat und zufällig auch den Wissenschaften zuführte. Im Gefühle seiner Unwissenheit fing er an, die ital. Classiker zu lesen; doch bald ward eine ungemessene Pferdeliebhaberei und dann die Liebe zu einer andern Dame ihm störend. Zu schwach, die Fesseln zu lösen, als sie ihm drückend wurden, schrieb er, als seine Angebetete erkrankte, er aber in ihrer Nähe verweilen und sich alles Sprechens enthalten mußte, aus Unlust und langer Weile seine erste Tragödie, die, als sie 1775 aufgeführt wurde, ungemeinen Beifall fand. Dies erregte in A. einen edeln Stolz; aller drückenden Bande sich entledigend, fühlte er sich zum Trauerspieldichter seines Volkes berufen und eilte, um zunächst die toskanische Mundart sich vollkommen anzueignen, nach Florenz und Siena. Auf der betretenen Bahn erhielt ihn die Gräfin Albany, Gemahlin des engl. Prätendenten Karl Eduard Stuart, die er auf einer Reise kennen gelernt hatte. Von der edelsten Liebe gegen sie beseelt, war es sein einziges Bestreben, ihrer sich würdig zu zeigen; sie war die Muse, die ihn zu seinen schönsten Dichtungen begeisterte. Doch erst nach manchen harten Stürmen, als 1788 der Gräfin Gemahl gestorben war, konnte sich A. mit ihr vermählen. Sie lebten hierauf in Colmar, dann in Paris, wo sie nur mit Lebensgefahr der blutigen Revolutionszeit entflohen, und seit 1793 in Florenz. Hier starb A. 1803; seine Gemahlin folgte ihm 1824 und Beider Asche ruht jetzt im gemeinschaftlichen Grabmale in der dortigen Kreuzkirche. Außer mehren andern poetischen Werken und Übersetzungen besitzen wir von A. 21 Tragödien, die, obschon sie zum großen Theil in der Anlage dürftig, was die Verse anbetrifft, hart und ungefällig sind und in Hinsicht der Sprache alles dichterischen Glanzes entbehren, als die vorzüglichsten in der ital. Literatur betrachtet werden; sechs Komödien, welche weit unter seinen Tragödien stehen, und eine Tramelogödie »Abel«, welche für die gelungenste unter seinen dramatischen Arbeiten gilt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 50.
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