Eduard

[622] Eduard (Karl), bekannt unter dem Namen des Prätendenten, Sohn des nur vom Auslande als König von England anerkannten Jakob III. und Enkel des aus England vertriebenen Königs Jakob II., geb. 1720 in Rom, wo sein Vater, der Ritter von St.-Georg genannt, eine Zuflucht gefunden hatte. Als letzter Sprößling des Hauses Stuart suchte E. dessen Ansprüche auf den engl. Thron geltend zu machen, als im östr. Erbfolgekriege Großbritannien für Maria Theresia Partei nahm. Verkleidet eilte er nach Paris, wo er es durch den Minister, Cardinal Tencin, dahin brachte, daß Ludwig XV. 1744 an Großbritannien den Krieg erklärte. Es kam indessen nicht zu entsprechenden Handlungen, indem die franz. Regierung nach einem misglückten Landungsversuche vielmehr alle Kräfte auf die dem König wichtigere Eroberung der östr. Niederlande verwandte. Indessen blieb der Prätendent an der franz. Küste zurück, unterhielt in allen drei brit. Königreichen Verständnisse mit seinen Freunden, die ihn auffoderten, bald zu erscheinen, und landete endlich mit nur 7 Offizieren, 1500 Gewehren und einem Vorrathe von Munition zu Ende des Aug. 1745 auf der westl. Küste Schottlands, wo seine Anhänger ihn zwar freundlich, aber über seine Verwegenheit bestürzt, empfingen. Er nahm daher seine Zuflucht zu den Hochländern, die sich ihm freudig anschlossen und seine Sache zu der ihrigen machten. Mit nur 1200 M. brach er aus dem Gebirge hervor, durcheilte Schottland und fand in den eroberten Städten neue Anhänger. Der wieder ermuthigte schot. Adel eilte mit seinen Vasallen herbei, man bewaffnete sich, so gut es ging, die Engländer wurden geschlagen und Edinburg zu Ende Sept. 1745 genommen. Die engl. Regierung sandte nun den General Coxe mit 4000 Mann gegen den Prätendenten, der aber mit 3800 Schotten am 2. Oct. einen vollständigen Sieg erfocht, welcher ihn zum Herrn von ganz Schottland, die Festungen ausgenommen, machte. Unterstützungen an Mannschaft aus Holland, an Geld und Waffen aus Frankreich machten ihm nun möglich, in England selbst einzudringen und bald befand sich das schot. Heer nur noch 20 Meilen von London, wo Alles in Bestürzung war. In England fand er aber nicht den erwarteten Zulauf; die Regierung hatte in größter Eile alle in England befindlichen Truppen gesammelt und den Herzog von Cumberland mit einem Theile des engl. Heers aus den Niederlanden zurückberufen, was E. bestimmte, seinen Rückzug anzutreten, um wenigstens Schottland zu behaupten. Die Schotten fuhren fort, die größte Hingebung zu zeigen und erfochten bei Falkirk in Schottland am 28. Jan. 1746 noch einen glänzenden Sieg; allein die täglich wachsende Übermacht des engl. Heers machte den Muth der Anhänger des Prätendenten sinken, dessen Hoffnungen endlich die Schlacht bei Culloden am 27. Apr. 1746 völlig vernichtete. Er selbst entkam mit kaum 30 Begleitern und irrte fünf Monate hindurch, überall verfolgt, von Küste zu Küste, von Höhle zu Höhle, indem die engl. Regierung einen Preis von 30,000 Pf. St. auf seinen Kopf gesetzt hatte; allein obgleich er sich dabei vielen, meist armen Leuten anvertrauen mußte, wollte doch Niemand durch Verrath jene Summe verdienen. Einmal wurde er nur dadurch gerettet, daß er sich als Magd verkleidete; ein ander Mal, indem er sich der Großmuth eines Edelmanns, der gegen ihn gefochten hatte, anvertraute; endlich erreichte er aber eins der drei franz. Schiffe, welche man zu seiner Rettung abgesandt hatte, und gelangte nach Frankreich. Die franz. Regierung setzte ihm ein Jahrgeld von 200,000 Livres und die span. von 12,000 Dublonen aus, allein 1748, im Frieden von Aachen, mußte Frankreich versprechen, ihn aus dem Lande zu entfernen. Da er sich in diese Bedingung nicht fügen wollte, war man genöthigt, ihn mit Gewalt über die Grenze zu bringen, worauf er zu seinem Vater nach Rom ging und den Titel eines Grafen von Albany annahm. Nach seines Vaters Tode (1766) überwarf er sich mit dem Papste, der ihm selbst ein Jahrgeld gab, wegen allerhand sonderbarer Ansprüche und ging im Zorne nach Florenz, kehrte jedoch bald wieder nach Rom zurück, weil ihm der Papst nur hier das Jahrgeld auszahlen wollte. Eine 1772 eingegangene Vermählung mit einer Prinzessin von Stolberg-Gedern wurde acht Jahre später wieder getrennt; durch sein rohes und eingebildetes Wesen machte er sich überall Feinde, überließ sich zuletzt gar dem Trunke und starb unbeachtet am 31. Jan. 1788, ohne rechtmäßige Erben zu hinterlassen. E. wurde zu Frascati als König bestattet und sein einziger Bruder, der Cardinal von York, mit welchem das Haus der Stuarts 1807 ausgestorben ist, hielt sein Todtenamt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 622.
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