Meineid

[101] Meineid nennt man das vorsätzliche oder unbedachtsame Beschwören einer Thatsache, von der man entweder gar nicht oder besser unterrichtet ist, und wodurch der Versicherungseid (s. Eid) gebrochen wird. Davon unterschieden wird der sogenannte Eidesbruch, worunter man die Verletzung einer durch einen Eid bestärkten Verbindlichkeit versteht und wodurch der Versprechungseid verletzt wird. Ein falsch er Eid heißt bei den Juristen das Beschwören einer Unwahrheit aus Irrthum und kann keine Strafe nach sich ziehen. Das Verbrechen des Meineids, worunter man im weitern Sinne auch den Eidesbruch begreift, kann aber nur dann stattfinden, wenn der Eid in der gehörigen und nach den Religionsbegriffen des Schwörenden verbindlichen Form abgenommen worden, dieser selbst über Das, was er zu beschwören hat, gehörig belehrt und in dem Alter steht, wo ihn die Gesetze für fähig halten, die Wichtigkeit des Eides einzusehen; auch wird von Einigen zum Begriffe dieses Verbrechens noch die Absicht zu schaden oder zu gewinnen gefodert, doch ist dies nicht wesentlich. Da durch das in Rede stehende Verbrechen die Heiligkeit der Religion verletzt und eine große moralische Verderbniß an den Tag gelegt wird, so haben die Gesetze dasselbe mit harten Strafen bedroht. Die peinliche Halsgerichtsordnung Karl V. setzt auf einen im Criminalproceß gegen den Angeklagten von Zeugen geleisteten Meineid die Strafe der Wiedervergeltung, d.h. der Meineidige soll die Strafe erleiden, welche durch seinen Meineid auf den Beklagten gefallen ist. Die Verletzung aller übrigen vom Richter feierlich abgenommenen assertorischen oder promissorischen Eide bestraft sie mit Ehrlosigkeit und Abhauung der zwei Finger der rechten Hand, welche bei Leistung des Eides erhoben werden. Außerdem ist der Meineidige, wenn er durch den Eid gewinnt, zur Herausgabe des Gewonnenen, und wenn er Jemandem schadet, zum Ersatz des Schadens verbunden. Heutiges Tags wird der Meineid nach den meisten Gesetzen und nach dem Gerichtsgebrauche mit mehrjährigem Zuchthaus bestraft und ist er nicht vorsätzlich, sondern unbedachtsamerweise begangen, mit einer gelinden willkürlichen Strafe belegt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 101.
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