Theben [2]

[401] Theben, das siebenthörige, die Hauptstadt Böotiens, wurde 1500 v. Chr. der Sage nach von Kadmus (s.d.) gegründet, indem derselbe die Burg Kadmea anlegte, um welche herum Amphion die Stadt erbaute. Derselbe errichtete auch die Mauern und legte die sieben Thore an, welche er nach seinen mit der Niobe erzeugten Töchtern benannte. Eine Quelle, die auf der Anhöhe entsprang, auf welcher die Burg stand, speiste die Stadt mit Wasser. Viele Prachtgebäude zierten die Stadt, welche mit üppigen Wiesen und Gärten umgeben war. Jetzt zählt Theben, welches Thiva oder Isthiva genannt wird, etwa 6000 Einw. und ist Sitz eines griechischen Bischofs. Das Volk von Theben wurde nach dem Gründer der Burg Kadmeer genannt. Die Sage erzählt von zwei Königsreihen Thebens; die eine stammte von Kadmus: Polydorus, Labdakus, Lajus, Ödipus, die andere war den Minyern, einem thessalischen Stamme, verwandt: Nykteus, Lykus, Amphion, Zetheus. Jene erscheinen als Priesterkönige, diese als kriegerische Eroberer. Das unglückliche Schicksal des Ödipus (s.d.) wurde verhängnißvoll für Theben. Seine Söhne Eteokles und Polynices kämpften um die Herrschaft. Polynices vertrieben, kehrt mit Adrast von Argos und andern Helden zurück und belagert die Vaterstadt. Bei einem Ausfall fallen beide Brüder im Zweikampf. Thersander, der Sohn des Polynices und der Tochter des Adrast, kommt nachmals abermals vor Theben, erobert es und vertreibt den Sohn des Eteokles, Laodamas. Xanthus war der letzte König der Thebaner, er fiel im Zweikampf gegen den König von Athen Melanthus, worauf 1126 eine demokratische Regierungsform in Theben eingeführt wurde. Durch verrätherische Verbindungen mit den Persern verlor T. in der Folge sein Ansehen, Athen bemächtigte sich Böotiens und T. suchte sich vergebens durch engen Anschluß an Sparta wieder zu heben. In T. selbst standen sich eine aristokratische und eine demokratische Partei gegenüber, jene bewog den Spartaner Phöbidas, die Stadt zu besetzen, um dadurch zur Herrschaft zu gelangen. Die vertriebenen Demokraten, unter ihnen Pelopidas, setzten sich aber durch List und von den Athenern unterstützt wieder in Besitz der Stadt und der Burg. T. strebte nach Wiederausbreitung seiner Macht in Böotien. Die Spartaner, welche ihm entgegentreten, wurden durch den Thebaner Epaminondas bei Leuktra 371 geschlagen und 369 kamen Pelopidas und Epaminondas mit einem mächtigen Heere nach dem Peloponnes und Sparta konnte sich nur durch ein eiliges Bündniß mit Athen retten, welches eifersüchtig auf das so schnelle, sich zur ersten Macht Griechenlands erhebende Theben war. Indeß kämpfte T. glücklich bis zur Schlacht bei Mantinea 363 v. Chr., wo Epaminondas siegend fiel. Bald darauf sank T. wieder. Es leistete nachher mit andern griech. Staaten dem um sich greifenden Einfluß des Königs Philipp von Macedonien Widerstand, mußte aber nach der unglücklichen Schlacht bei Chäronea macedon. Besatzung aufnehmen. Nach Philipp's Tode empörte sich T. gegen die macedon. Obmacht und die Folge war, daß der junge Alexander, den man todt geglaubt, T. 335 v. Chr. zerstörte und seine Bewohner zu Sklaven machte. Kassander stellte T. 20 Jahre darauf zwar wieder her, doch blieb es seitdem unbedeutend und verfiel, besonders nachdem es die strafende Hand der Römer empfunden, denen es mit Athen Widerstand leisten wollte, so, daß schon zur Zeit des Schriftstellers Pausanias (s.d.) nur noch die Kadmea bewohnt war.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 401.
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