Ypsilantis

[773] Ypsilantis heißt eine reiche und angesehene, ihre Abkunft vom griech. Kaiserhause der Komnenen herleitende Griechenfamilie aus dem Fanar oder Fanal zu Konstantinopel, von der mehre bei der Pforte in hoher Gunst gestanden und Hospodare der Walachei und Moldau gewesen sind und von der sich einige durch ihren Antheil am griech. Freiheitskampfe seit 1821 in der neuesten Zeit einen Namen gemacht haben. Konstantin Y., welcher 1799 Hospodar der Moldau und bald auch der Walachei wurde, hatte zwar als Jüngling an einer Verschwörung zur Befreiung Griechenlands Theil genommen, dafür aber die Verzeihung des Sultans erhalten und demselben nachher als Dragoman und Unterhändler wichtige Dienste geleistet. Im J. 1805 ward er plötzlich durch einen Befehl des Sultans des Hospodariats entsetzt, begab sich hierauf nach Petersburg und kam bald mit 23,000 Russen nach Bukarescht zurück. Dort bildete er ein griech. Freicorps, wiegelte die Serbier auf und hatte wieder die griech. Freiheit im Auge, als der Friedensschluß zu Tilsit jedes solches Vorhaben zunichte machte und Y. nöthigte, eine Zuflucht in Rußland zu suchen, wo er 1816 in Kiew starb. Von seinen fünf Söhnen war Alexander Y., geb. 1792, seit 1809 Offizier bei der kais. russ. Garde, zeichnete sich 1812 im Kriege wider die Franzosen aus, wurde Major und verlor in der Schlacht bei Dresden 1813 die rechte Hand. Später ernannte ihn der Kaiser Alexander zum Obersten und zu seinem Generaladjutanten, und 1817 erhielt er als Generalmajor das Commando einer Husarenbrigade. Als ihm 1819 die Pläne der Hetairie für die Befreiung von Griechenland. (s.d.) mitgetheilt wurden, willigte er nach einigem Zaudern ein, an die Spitze der Unternehmung zu treten. Nach dem Fehlschlagen derselben in der Walachei zog er sich nach vorher erhaltener Erlaubniß über die östreich. Grenze zurück, wurde aber wie ein Gefangener auf die ungar. Festung Munkatsch gebracht und von da 1823 wegen seiner zerrütteten. Gesundheit nach Theresienstadt in Böhmen versetzt. Endlich bewirkte Rußland 1827 seine Entlassung aus dem Kerker, wo er aber so gelitten hatte, daß er auf der Reise nach Verona am 31. Jan. 1828 zu Wien an der Brustwassersucht starb. – Demetrius Y., des Vorigen jüngerer Bruder, geb. 1793, stand ebenfalls in russ. Diensten, machte die Feldzüge von 1813 und 1814 mit Auszeichnung mit und theilte die Pläne zur Befreiung der Griechen. Er begab sich 1821 nach Morea, um dort gleichzeitig mit dem Aufstande in der Moldau und Walachei die Erhebung der Griechen zu bewirken, befehligte später die Belagerung von Tripolizza, welches eingenommen wurde, und dann die Blockade von Napoli di Romania, wo er weniger glücklich war. Unter den Primaten hatte er stets eine starke Partei gegen sich, weshalb er als Präsident der griech. Regierung zu Argos eine Nationalversammlung berief, um sich ein Gegengewicht beim Volke zu sichern. Als jedoch 1823 die engl. Partei die Oberhand erhielt, ward Y. als Präsident durch Maurokordatos ersetzt und zog sich endlich, da er keinen politischen Einfluß erlangen konnte, nach Tripolizza zurück, von wo aus er nur von Zeit zu Zeit mit Rede und That für die griech. Sache öffentlich thätig war. So focht er mit gegen Ibrahim Pascha von Ägypten und legte 1826 Verwahrung gegen den Beschluß der dritten Nationalversammlung zu Epidauros ein, dahin, durch den engl. Gesandten in Konstantinopel zu unterhandeln, daß Griechenland sich gegen einen Tribut an die Pforte selbst regieren dürfe, ward aber deshalb von derselben Versammlung des griech. Bürgerrechts für verlustig erklärt. Unter der Präsidentschaft des Grafen Kapodistrias wurde Y. 1828 Oberbefehlshaber der Truppen im östl. Griechenland, legte aber am 1. Jan. 1830 diese Stelle wegen Zwistigkeiten mit des Präsidenten Bruder Augustin Kapodistrias wieder nieder. Erst nachdem dieser als Nachfolger seines Bruders in der Präsidentschaft vertrieben worden war, nahm Y. 1832 die Wahl zu der Regierungscommission an, welche bis zur Ankunft des Königs Otto I. bestand, starb aber schon im Aug. 1832. – Zwei jüngere Brüder der Vorigen, Georg und Nikolaus, waren zwar Gefährten Alexander's Y. bei dem verunglückten Aufstande in den Fürstenthümern, nahmen aber keinen weitern Antheil am griech. Freiheitskampfe, welchem dagegen eine ihrer Schwestern, Maria, geb. 1798, ihre ganze, aus 350,000 Francs bestehende Mitgift zum Opfer brachte.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 773.
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