Färbekunst

[67] Färbekunst. Die Kunst, Stoffe und namentlich Wolle. Baumwolle, Leinen und Seide auf mannichfache Art mit einer[67] oder mit mehreren Farben zu tingiren. Hiervon ist das Malen durch Aufstreichen einer Farbe und das Drucken wohl zu unterscheiden, wodurch zwar die Zeuge auch, jedoch auf eine durchaus andere Art bunt gemacht werden, wiewohl in manchen Fällen beide Verfahrungsarten Hand in Hand gehen müssen, soz. B. wenn Stoffe einfarbige Zeichnungen im dunklen Grunde haben, z. B. blaue Schnupftücher, Leinenzeuge schwarz oder braun mit weißen Blumen etc. Hier bedruckt man die Stellen, welche weiß bleiben sollen mit einer Deck- und Aetzfarbe, welche das Annehmen des Pigments verhindert und behandelt sodann das Uebrige wie andere zu färbende Zeuge. Obschon das Färben von Federn, Leder, Papier, Elfenbein, Holz etc. auch in dieses technische Gewerbe schlagt, so wird es doch von andern Leuten, als den sich ausschließlich nach ihren Gewerben nennenden Färbern, betrieben. – Je nach den Stoffen, welche zu färben sind, und nach den Farben, welche sie vorher hatten, müssen die neuen gewählt werden, welche auf die Zeuge kommen sollen. So kann man dunkelgefärbte Stoffe: Schwarz, Indigoblau u. dergl. nicht mehr Rosa oder Blaßgelb färben; so nehmen Baumwollenstoffe nur Dunkelroth und Blau vollkommen echt an, Leinen nur Blau, dagegen Wolle fast alle Farben. – Um schöne, lebhafte Tinten hervorzubringen, verwendet man alle mögliche Sorgfalt auf vorheriges, völliges Reinigen der Zeuge, auf Entfernung störender Bestandtheile, auf Bleichen, Schwefeln etc. Dann kommen sie in eine Beize, und zwar werden diejenigen Zeuge, welche mit Pflanzenpigmenten gefärbt werden sollen, in Alaun oder Weinstein, oder in einer Zinnauflösung und auch in noch andern zusammenziehenden Stoffen gebeizt. Hierbei ist zu bemerken, daß falls das Auflösungsmittel für die Farbe eine Säure war, wie bei Indigo, die Beize alkalisch sein muß und umgekehrt; weil Säuren und Alkalien zusammengebracht sich in ihren Wirkungen neutralisiren, ihre zerstörenden Eigenschaften gegenseitig aufheben und durch eine Wahlverwandtschaft und Wechselwirkung die Beize.[68] welche an dem Zeuge haftet, die Farbestoffe aus der Auflösung anzieht und auf das Zeug niederschlägt. Die Beize hat noch andere Zwecke. Der eben genannte macht sie zum aneignenden Mittel, ein anderer zum verschönernden; daher heißt auch das Alaunen Schönen. Die Beize befestigt auch die Farben, so daß die Zeuge nicht abfärben, wie dieß bei schlechtem Blau und Schwarz der Fall ist, und nicht verschießen, wie bei den hellen: Grün, Gelb etc. Eigene Handgriffe scheinen noch besondere Vortheile zu gewähren, sie sind als Geheimnisse theils einzelnen Fabriken, theils gewissen Ländern eigenthümlich; wie denn Italien die SeidenEngland die Baumwollenzeuge, am schönsten färbt. Uebrigens ist jetzt Deutschland im Färben sehr vorgeschritten, und wenn es früher gegen andere Länder in dieser Kunst zurückstand, so eilt es jetzt mit Riesenschritten nach und hat sie zum Theil schon überholt; wie denn in Berlin der Färber Coste Cochenillroth färbt, ohne Cochenille, und so schön, daß selbst Kenner dieser Farbe den Vorzug zugestehen.

V.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 67-69.
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