Schminke

[115] Schminke. Schon in der Bibel lesen wir von geschminkten Frauen, und der Morgenländer findet noch heut diesen Gebrauch bei seiner Favoritin keineswegs häßlich, sondern nothwendig zu ihrer Toilette Indessen betrifft das Schminken im Orient noch außer[115] den Wangen die Nägel und Fingerspitzen, welche mit Henna roth gefärbt werden. Um den natürlichen Glanz der Augen zu erhöhen und ihre Größe scheinbar zu vermehren, schminkt man die Augenbraunen mittelst einer aus Spießglas und Galläpfeln bereiteten Mischung schwarz. Bereits Hiob's Töchter bedienten sich, nach Aussage der heiligen Schrift, dieser Schminke, und die böse Fürstin Isabel war geschminkt, als sie von Jehu zum Fenster hinausgestürzt wurde. Um einen weißen Teint zu schminken, verwandte man ehedem Kreide und Bohnenmehl, oder überzog das Gesicht die Nacht über mit einer aus Eselsmilch und Brod zusammengekneteten Masse. Die Römerinnen, welche das Roth-Schminken von den Griechen, die schon ihren Göttinnen Schminkbüchsen zuerkennen (nach der Mythe entwandte Europa der Juno die ihrige), gelernt hatten, bedienten sich, um die Frische und Sammet-Weiche der Haut zu erhalten, einer ölichten Salbe, welche die berüchtigte Kaiserin Poppäa erfand. Man überzog Nachts Gesicht und Hände damit, und reinigte sich um Morgen durch Eselsmilch, weßhalb denn auch die Kaiserin allenthalben eine Heerde Eselinnen in ihrem Gefolge führte. Eine der unserigen vollkommen ähnliche, rothe Schminke fand man in krystallnen Büchschen, durch Jahrhunderte wohlerhalten, unter den Ruinen von Herkulanum; doch sollen sogar Honig und Safran einst Schminkmittel gewesen sein. Wie wunderlich überhaupt der Geschmack von je her den Begriff der Schönheit bestimmte, beweist der Bericht Cäsar's, der von den überwundenen Briten erzählt, daß sie sich blau schminkten. Die gröbsten, der Haut nachtheiligsten Schminken sind Bleiweiß und Zinnober, werden jedoch leider ihrer Wohlfeilheit wegen am meisten verbraucht. In China sollen nur die im Palaste des Kaisers dienenden Mädchen jährlich für 1 Million Thaler dieser gefährlichen Ingredienzien aufwenden. Die Schauspieler, denen Schminke unerläßlich ist, greifen ebenfalls am Oeftersten nach dieser billigen, suchen jedoch ihre schädlichen, die Haut zerfressenden Wirkungen dadurch zu schwächen, daß sie das Gesicht zuvor mit einer[116] fettigen Salbe einreiben. Diese verhindert das Eindringen der Schminke in die Poren und bewerkstelligt ein leichtes Entfernen derselben. Zur seinen S., die gleichwohl immer giftig bleibt, nimmt man Cochenille und Kermes-Roth. Katharina von Medicis war die erste, welche die Schminke aus Italien, wo sie längst Mode war, in Frankreich einführte. Von dort ging sie bald an andere europäische Höfe über, und zwar sollen die schönen Wienerinnen sie in Deutschland zuerst adoptirt haben. Am anderen Ende Europa's kannten die Russinnen längst die Schminke, und selbst die unteren Volksklassen legten roth auf. Schwieriger als Letzteres blieb es immer, sich einen weißen Teint zu malen, und nur auf den Antillen bietet die Natur selbst den Kreolinnen ein vortreffliches Mittel dazu. Die unterste seine Rinde eines Baumes nämlich (die Engländer heißen ihn Cusheco-Cherry) hat die Eigenschaft, daß, wenn ihr Saft die Haut befeuchtet, dieselbe sich nach 5–6 Tagen völlig und zwar schmerzlos ablöst. Die alsdann erscheinende neue weiße, welche an der sonnenverbrannten Stelle tritt, muß dann noch ungefähr 14 Tage im Zimmer gehütet werden, worauf man verjüngt aus diesem Verschönerungsprozesse hervorgeht. Nicht minder unbekannt als diese Manipulation dürfte vielen unserer Leserinnen das liebliche Färbungsmittel sein, dessen sich die Türkinnen und Neugriechinnen bedienen. Es ist die silberweiße, von der äußeren braunen Schale sorgfältig gereinigte Zwiebel der Iris persica, die in der Levante, wie auf dem Archipelagus wild wächst und von den Griechen Agriokrina genannt wird. Die Schminke, welche durchaus unschädlich ist, wird auf folgende Art gewonnen: Man zerreibt die Zwiebeln so sein wie möglich, gießt Wasser auf das pulverähnliche Mark und seihet es durch dichte Leinwand. Das im untergehaltenen Gefäße Zurückgebliebene wird nun noch zwei Mal durchgeseihet und dann 12 bis 15 Stunden stehen gelassen, um sich zu setzen. Zuletzt gießt man das Wasser behutsam ab und bewahrt den auf dem Boden des Geschirres befindlichen staubfeinen Satz, nachdem er getrocknet, [117] in wohlverstopften, am besten hermetisch verschlossenen, Flaschen. Dieß Präparat hält sich lange, und wird beim Gebrauch sanft in die Haut eingerieben. Ein leichtes Brennen folgt, und bald darauf die lieblichste Rosenröthe, die sogar durch Waschen oder Erhitzung nicht vertilgt werden kann, weil sie nicht auf der Haut liegt, sondern in den Poren ruht, aus welchen sie mit der Zeit verfliegt. Diese nur selten von den Orientalinnen angewandte Schminke hat keinen der Nachtheile der unserigen, und weit entfernt der Haut zu schaden, erhält sie ihre Frische bis in's Alter.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 115-118.
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