Cusa

[248] Cusa oder Cusanus, Nikolaus von, geb. 1401 zu Kues, einem Flecken an der Mosel, Sohn des bemittelten Fischers Khryppfs, Krebs, mit Hilfe des Grafen Manderscheid in Deventer gebildet, studierte zu Padua die Rechte, wurde 3jährig Doktor und Rechtsanwalt in Mainz, 1430 aber geistlich und sehr bald Dekan des Collegiatstiftes St. Florin zu Koblenz und durch seinen ehemaligen Lehrer, den Cardinal Cesarini, Mitglied des Baselerconcils. In seinem berühmten Werke de concordantia catholica sowie in dem erst 1847 von Düx mitgetheilten tractatus de auctoritate praesidendi vertheidigte C. die seinen liberalen Zeitgenossen geläufige Ansicht, das Papstthum sei zwar göttlichen Ursprungs, der Papst jedoch nur »oeconomus« oder Mandatar des Conciles. Durch das Benehmen der Baseler aufrichtig bekehrt, ging er nach Italien und als Führer [248] der Gesandtschaft des Conciles Ferrara-Florenz nach Konstantinopel, woselbst er unter anderm ein Original des Johann Damascenus nebst einer Handschrift des hl. Basilius fand, woraus den Griechen die Ursprünglichkeit der Lehre vom Ausgehen des hl. Geistes von Vater und Sohn nachgewiesen zu werden vermag. Auf den Reichstagen von 1440–47 wirkte C. nach Aeneas Silvius Ausdruck als »Herkules der eugenianischen Partei«, und als Aeneas der »Baseler Narrheit« selbst satt war, trug C.s Rath Vieles bei, daß er die Frankfurter u. Wienerconcordate durchsetzte. 1448 machte Nikolaus V. C. zum Cardinal und gab ihm 1450 das Erzbisthum Brixen, welches ihm jedoch nur Herzeleid eintrug, weil das Domcapitel die Verwerfung einer früheren Wahl nicht vergaß und Erzherzog Sigismund durch reformationsfeindliche Nonnen Gelegenheit erhielt, seinen Eifer für das Oberaufsichtsrecht des Staates zu beurkunden. Gesandtschaften nach England, Frankreich, Böhmen, Reformationsdecrete für die Klöster u. den Weltklerus, denen lediglich der dauernde Vollzug mangelte, eine Ablaßverkündigung, wobei er laut dem chronicon Belgicum neben ächtem Bußgeist auch die richtigen Begriffe über den Ablaß verbreitete, hielten C., der gelegentlich seiner Reisen auch nach Kues kam und daselbst für 33 Kranke ein Krankenhaus aus seinem Vermögen stiftete, bis 1452 von Brixen fern. Am Ostertage 1460 aber wurde er von Sigismunds Soldaten in Brunek überfallen und nur gegen das Versprechen großer Summen frei. Er lebte fortan stets in Italien, Sigismund mit seinem Anhang kam in Bann und nach mehreren Jahren endete der Streit damit, daß er Abbitte und Ersatz leistete. 1459 war C. Statthalter Roms, schrieb noch »de cribatione Alcorani«, was der Papst beim Bekehrungsversuche Mohammeds benützte, u. st. 1464 zu Todi in Umbrien, 3 Tage nachher aber der Papst, dessen Nachfolger er wahrscheinlich geworden wäre. Neben ungemeiner praktischer Thätigkeit war C. ein universeller Gelehrter, brach Bahn in Mathematik und Astronomie, drang auf Verbesserung des Kalenders, lehrte auf das bestimmteste die Bewegung der Erde, lieferte dem Kopernikus Bausteine seines Systems, erkannte die Unächtheit der isidorischen Decretalen u. der constantinischen Schenkung und schrieb außer der »docta ignorantia« viele philosophische Schriften, deren vornehmste die Unzulänglichkeit und Kritik der menschlichen Erkenntniß besprechen. – Gesammtausgaben von 1476, Paris 1514, Basel 1564, letztere nicht vollständig.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 248-249.
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