Keramischer Druck

[432] Keramischer Druck, die Herstellung von ein- und mehrfarbigen Bildern mit echten Schmelzfarben, welche auf Porzellan, Fayence, Steingut, Ton u.s.w. übertragbar und einbrennfähig sind.

Beim keramischen Drucke kommen heute zumeist Lithographie und Steindruck (s. Lithographie) zur Benutzung. Mit Rücksicht auf die in der Regel gebogenen Flächen der zu dekorierenden keramischen Gegenstände gelangen dünne, zähe Papiersorten für das Uebertragungspapier in Verwendung, die einer besonderen Präparierung bedürfen. Am häufigsten benutzt man entweder 1. ein mit drei wasserlöslichen Schichten durch Streichen versehenes Seiden-, Japan- oder Chinapapier (35 Teile Küchengelatine, in 300 Teilen Wasser gequollen, läßt man schmelzen und das Papierblatt darauf schwimmen); nach dem Trocknen wird es mit einem aus[432] 35 Teilen Arrowroot, 10,5 Teilen Tragantgummi und 500 Teilen Wasser hergestellten Kleister gestrichen, abermals getrocknet und endlich Eieralbumin in Wasser 1 : 3 unter Zusatz einiger Tropfen Ammoniaks aufgetragen. Um die großen Schwierigkeiten zu vermeiden, welche beim Bedrucken des dünnen Papiers für sich allein entstünden, wird sogenanntes Duplexabziehpapier fabrikmäßig (durch Kaschierung des präparierten Seidenpapierblattes auf weiches, starkes Papier, welches nach dem fertigen Bedrucken leicht abgezogen werden kann) erzeugt, welches seitenverkehrt bedruckt werden muß, weil das Bild beim Uebertragen gestürzt wird, oder 2. ein mit einer glasurartig einzubrennenden dünnen Kollodiumhaut überzogenes Papier, das seitenrichtig bedruckt wird, weil keine Stürzung später stattfindet, sondern das Häutchen, vor dem Uebertragen in warmem Wasser von der Unterlage abgelöst, selbst, und zwar mit dem Bilde nach oben, auf das keramische Objekt gelangt. Die in jeweils verschiedenem Verhältnisse mit dem Flußmittel (Quarzsand, Salpeter, Borax, Pottasche u.s.w.) gemengten Farbstoffe (Metalloxyde und -salze) werden mit möglichst wenig Bindemittel (Dicköl, venezianischem Terpentin, Elemiharz, Nelkenöl, Lavendelöl) auf Glasplatten mit gläsernem »Farbläufer« angerieben und möglichst pastos (körperreich) verdruckt. Um genügende Dicke der Farbstoffschichten zu erzielen, werden die einzelnen Farbplatten wiederholt aufgedruckt und überdies die Abdrücke jedesmal mit dem trockenen Farbstoffgemenge noch überpudert. Ein Uebereinanderlagern verschiedener Farbstoffschichten behufs Erzielung von Mischtönen ist in der Regel unzulässig. Als Klebesubstanz beim Uebertragen kann venezianischer Terpentin und Kolophonium (5 : 1) in französischem Terpentinöl oder (3 : 1) in hochgradigem Spiritus dienen. Aufgequetscht wird mittels einer Gummiwalze; die Bildung von Falten an den Bugstellen verhindert man durch Einschneiden des Papiers. Golddruck muß von dem Farbendruck gesondert übertragen und eingebrannt werden. Beim keramischen Drucke benutzt man auch eigne Schnellpressen mit gläsernen Farbtischen und Lederbeschwerwalzen, dann kombinierte Puder- und Abstaubmaschinen. – Für keramische Zwecke zieht man heute nur mehr selten den Tiefdruck heran, bei welchem das vertieft gestochene Bild (radierte oder sonst geätzte, s. Kupferstecherkunst) der Formenplatte partiell mit den verschiedenen Farbstoffen (z.B. unter Verwendung von Schablonen) eingefärbt und durch einen einzigen Abdruck das fertige Schmelzfarbenbild erhalten wird. Diese allerdings langwierige und mühevolle Methode bietet den Vorteil, daß trotz großer Schärfe des Bildes sehr dicke Farbstoffschichten auf das Papier zu bringen sind. – Man hat auch versucht, keramische Gegenstände mit ebenen Flächen direkt mittels einer auf Kautschuk befestigten Lichtdruckhaut (s. Lichtdruck) zu bedrucken.


Literatur: Harry Walther, Das keramische Druckverfahren, Dresden 1893; Freie Künste, Wien 1899/1900; Allgem. Anzeiger für Druckereien, Frankfurt a.M. 1901; Deutscher Buch- und Steindrucker, Berlin 1905.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 432-433.
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