Browning

[468] Browning (spr. braun-), 1) Robert, engl. Dichter, geb. 7. Mai 1812 in Camberwell bei London, gest. 12. Dez. 1889 in Venedig. Seiner Abstammung nach ist er Engländer vom väterlichen Großvater her, Schotte durch die mütterliche Großmutter. Sein mütterlicher Großvater war ein Deutscher, seine väterliche Großmutter Kreolin. Er machte in London an der Universität seine Studien und unternahm, 20 Jahre alt, eine gründliche Studienreise nach Italien. Als Dichter trat er zuerst mit einer unreifen Erzählung in Versen, »Pauline« (1833), auf. 1835 folgte sein Drama[468] »Paracelsus«, worin er diesen als Scharlatan verschrieenen Naturphilosophen als Denker in sein Recht einzusetzen und außerdem mit Faustschen Zügen auszustatten versuchte. B. zeigt sich darin als ein bedeutendes, unabhängiges, aber rauhes Genie, und trotz seines hohen poetischen Wertes sprach das Stück nur wenig an. 1837 erschien »Strafford«, ein historisches Trauerspiel, in London mit vorübergehendem Beifall ausgeführt; 1840 der wieder faustisch angelegte »Sordello«; 1841–46 veröffentlichte er eine Sammlung dramatischer und lyrischer Stücke: »Bells and pomegranates«, worin sich das phantastische, aber anmutige dramatische Gedicht »Pippa passes«, »Blot in the 'scutcheon« und »A soul's tragedy« u. a. befinden. Hiermit hatte B. seinen Ruf als wahrer und origineller Dichter begründet. Nach seiner Verheiratung (1846) siedelte er mit seiner Gattin (s. unten 2) nach Florenz über. 1850 erschien sein »Christmas-eve and Easter-day«, ein religiös-philosophisches Gedicht, reich an kühnen Gedanken und poetischen Bildern, aber nicht frei von der Neigung zum Seltsamen, die sich durch alle Schöpfungen des Verfassers zieht; darauf »Men and women« (1855), eine Sammlung von Gedichten, die vorzugsweise auf italienischem Boden entstanden waren, das beliebteste seiner Bücher. Nach dem Tode seiner Gattin 1861 nach London zurückgekehrt, wo er seitdem lebte, veröffentlichte er die gleichfalls weithin beliebte Gedichtsammlung »Dramatis personae« (1864), worauf 1869 »The ring and the book« (2. Aufl. 1872, 4 Bde.) erschien, sein bedeutendstes poetisches Werk. Die meisten seiner spätern Werke sind der Form nach teilweise dramatische, erzählende Gedichte, wie das populäre Buch »Balaustion's adventure« (1871, eine ausgezeichnete Bearbeitung des Euripideischen »Alkestis«); der unerquickliche »Prince Hohenstiel-Schwangau, saviour of society« (1871, 2. Aufl. 1872), ein psychologisches, gegen Napoleon III. gerichtetes Poem, mit Seitenhieben auf den Papst und die Klerisei; ferner »Fifine at the fair« (1872) über die Beziehungen von Mann und Frau; »The red cotton nightcap-country, or Turf and towers« (1873); »Aristophanes' apology and the last adventure of Balaustion« (1875) und »Pacchiarotto, and how he worked in distemper, with other poems« (1876). Außerdem erschienen noch: »The Inn-album« (1874; deutsch u. d. T.: »Das Fremdenbuch«, Hamb. 1877); eine Übersetzung von Äschylos' »Agamemnon« (1877) sowie zwei Gedichte: »La Saisiaz« und »The two poets of Croisic« (1878); »Dramatic idyls« (1879–1880, 2 Bde.); »Jocoseria« (1883); »Ferishtah's fancies« (1884), zuletzt »Asolando« (1889). Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1888–89 in 16 Bänden. In deutscher Übersetzung von E. Ruete erschienen »Ausgewählte Gedichte« (Brem. 1894). Eine Browning-Society wurde 1881 von Furnivall (s.d.) zum Zweck der Erläuterung und weitern Verbreitung der Werke des Dichters gegründet. Vgl. Mrs. Sutherland- Orr, Handbook to the works of Pobert B. (Lond. 1885); Dieselbe, Life and letters of R. B. (das. 1891); Fotheringham, Studies on the poetry of R. B. (3. Aufl., das. 1898); E. Gosse, Robert B. Personalia (das. 1890); Berdoe, The B. Cyclopaedia, a guide to study of the works of R. B. (3. Aufl., das. 1897).

2) Elizabeth, engl. Dichterin, Gattin des vorigen, geb. 6. März 1806 in Carlton Hall (Durham), gest. 29. Juni 1861 in Florenz, erhielt als Tochter eines wohlhabenden Kaufmanns, Barrett, eine ausgezeichnete Erziehung und beschäftigte sich besonders eingehend mit dem klassischen Altertum. Bereits 1826 schrieb sie einen »Essay on mind« und übersetzte 1833 den »Gefesselten Prometheus« von Aschylos. Traurige Lebenserfahrungen und Kränklichkeit stimmten sie düster und verliehen ihren Dichtungen den grübelnden Charakter ihres Vorbildes Shelley, so namentlich in: »Romaunt of Margaret« (1836), »The Seraphim, and other poems« (1838) und »Romaunt of the Page« (1839). Ihre Verheiratung mit Robert B. (1846) führte sie nach dem Süden, der für sie nun eine zweite Heimat ward. In ihrem nach Shelleys Manier formlosen Werk »The Casa Guidi windows« (1851) lieh sie ihren Sympathien für Italiens politische Wiedergeburt, die auch die »Poems before Congress« (1860) bekunden, begeisterte Worte. Ihr Hauptwerk aber ist »Aurora Leigh« (1857, 21. Aufl. 1891), das die Leiden einer edlen weiblichen Natur im Kampfe gegen den konventionellen Zwang der Gesellschaft zum Gegenstand hat. Gesammelt erschienen ihre »Poetical Works« zuletzt 1890 in 6 Bänden. Eine Sammlung ihrer Briefe, der die »Letters to R. Hengist Horne« (hrsg. von Mayer, 1876, 2 Bde.) vorausgegangen waren, besorgte F. G. Kenyon (mit biographischen Beiträgen, 1897, 2 Bde.); die »Letters of Robert B. and Elizabeth Barrett-B., 1845–1846« erschienen 1899 in 2 Bänden. Vgl. P. Bayne, Two great Englishwomen; Mrs. B. and C. Brontë (Lond. 1881); Helene Druskowitz, Drei englische Dichterinnen (Berl. 1881); Ingram, Elizabeth Barrett-B. (Lond. 1888); Whiting, A study of Elizabeth Barrett-B. (Boston 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 468-469.
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